Carl Vaernet
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In einer beispiellosen Pervertierung medizinischen Handelns wurden in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern zahlreiche pseudowissenschaftliche, nicht selten tödlich verlaufende Experimente an Häftlingen vorgenommen. Darunter auch an homosexuellen Männern, die mit verschiedenen Zwangsmaßnahmen von ihrer Homosexualität „geheilt“ werden sollten. Der dänische Arzt und SS-Sturmbannführer Carl Værnet (1893-1965) implantierte im KZ Buchenwald Häftlingen eine von ihm entwickelte „künstliche Drüse“. Diese sollte durch kontinuierliche Abgabe männlicher Hormone an den Organismus die homosexuellen Häftlinge zur Heterosexualität „umstimmen“. Mindestens zwei Gefangene starben an den Folgen des Eingriffs. Værnet, der sofort nach Kriegsende verhaftet wurde, entzog sich auf abenteuerliche Weise seiner sicheren Verurteilung wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit durch Flucht nach Argentinien. Für seine Untaten wurde er nie zur Rechenschaft gezogen; er starb unbehelligt im argentinischen Exil. Wie viele andere Nazi-Ärzte war auch Værnet ein ganz gewöhnlicher „Biedermann“, der – von unstillbarem Sendungsbewußtsein getrieben und von seinen pseudowissenschaftlichen Ideen überzeugt – bereit war, alles zu tun, diesen zum Durchbruch zu verhelfen. Aufgrund umfangreicher Recherchen und anhand zum Teil zuvor nicht zugänglich gewesener Archivmaterialien sowie Interviews mit drei von Værnets Kindern und mit einer überlebenden Versuchsperson ist es den vier Autoren gelungen, eine NS-Biographie, die einmal mehr das Prädikat „Banalität des Bösen“ verdient, auf spannende Weise nachzuzeichnen. Sie geben dabei umfassende Einblicke nicht nur in das Funktionieren der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie, sondern auch in die außerhalb Dänemarks wenig bekannte, aber dennoch äußerst interessante Situation dieses kleinen Landes während der deutschen Besatzungsjahre 1940-45 und in deren Aufarbeitung nach der Befreiung.