Etablierung und Optimierung der sekretorischen Gewinnung thermostabiler Lipasen in Gram-positiven Bakterien
Autoři
Více o knize
Mit dem Schlagwort „Weiße Biotechnologie„, das Anfang dieses Jahrhunderts durch eine Initiative von europäischen Biotechnologiefirmen geprägt wurde (EuropaBio, 2003), ist der Einsatz von biotechnologischen Verfahren gemeint, die einer nachhaltigen und umweltverträglichen industriellen Wertschöpfung dienen. Im Mittelpunkt dieses Wertschöpfungsprozesses stehen Proteine (bzw . ihre spezifischen Eigenschaften), denn durch Proteine, genauer genommen Enzyme als Biokatalysatoren, werden die eigentlichen, wertschöpfenden, chemischen Reaktionen vorgenommen (Hollmann et al. 2006). Enzyme können dabei zur Produktion von Ausgangsstoffen dienen, Bestandteil eines Produktionsprozesses sein oder können selbst bereits die Produkte darstellen wie in Reinigungsmitteln oder in pharmazeutischen Produkten . In der industriellen Produktion werden Biokatalysatoren entweder zur Stoffumwandlung in intakten Zellen (Ganzell-Biotransformationen oder Zellsystemen) genutzt oder als isolierte Enzyme durch Beigabe zu einem Reaktionsgemisch eingesetzt (Braun et al., 2006). Im letzteren Fall handelt es sich um die sogenannten industriellen bzw . technischen Enzyme. Der Weltmarktumsatz dieser Enzyme liegt bei ca. 1,8 Mrd. Euro mit einer jährlichen Steigerungsrate von 10% (Dechema_e._V., 2004). Das Potenzial dieser Proteine liegt in ihrer Vielfältigkeit. Von den schätzungsweise über 10000 verschiedenen Enzymen, die in der Natur vorkommen, sind aktuell ca . 4000 bekannt (Buthe, 2006) . Etwa 120 davon werden industriell genutzt (Braun et al., 2006) . Zu der wichtigsten Enzymgruppe zählen dabei die Hydrolasen, zu denen auch die Lipasen gehören (Straathof et al., 2002). Besonders interessant für den industriellen Einsatz sind Enzyme aus extremophilen Mikroorganismen, die gegebenenfalls „rauen“ technischen Produktionsbedingungen standhalten können, wie besonders hohen Temperaturen oder Drücken (siehe Kapitel I .1 .1). Durchgesetzt zur Produktion industrieller Enzyme hat sich nur eine kleine Anzahl von gut charakterisierten Wirtssystemen wie z . B . Escherichia coli, Bacillus licheniformis oder Sachcaromyces cerevisiae. Um konkurrenzfähig zu sein, müssen diese Produktionssysteme verschiedenen, kommerziellen Kriterien genügen . Wichtige Anforderungen an bakterielle Produktionssysteme sind z . B . : eine hohe Raum-Zeit-Ausbeute des Zielproteins, eine geringe Proteaseaktivität, damit der Ertrag des gewünschten Proteins nicht beeinträchtigt wird, ein geringer Hintergrund von unerwünschten Proteinen, eine einfache genetische Handhabung, Wachstum auf billigen Nährmedien, Anerkennung als GRAS-Organismus („generally recognized as safe") und Patentfreiheit (Widner, 2006) (siehe Kapitel I . 1 .2). Im Spannungsfeld zu diesen kommerziellen Anforderungen stehen die biologischen Eigenschaften des Zielproteins und seines Produktionssystems . Denn diese sind evolutionär an ihre biologische Aufgabe angepasst, nicht jedoch auf die spezifischen Erfordernisse eines industriellen Prozesses.