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Bilder des literarischen Lebens

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Eine Enzyklopädie des deutschen Geisteslebens ist das riesige Photoarchiv, das die Münchner Photographin Isolde Ohlbaum über mehr als vier Jahrzehnte von den Heldinnen und Helden des deutschen literarischen Lebens aufgebaut hat. Aber nicht nur hier ansässige Schriftstellerinnen und Schriftsteller, sondern auch all jene Literaten aus aller Herren Länder, die den deutschen Sprachraum bereist, hier Vorträge und Lesungen gehalten haben, Preise empfangen und ihre Verlage besucht haben, sind von Isolde Ohlbaum photographiert worden. Neben die photoästhetische Dimension ihrer Bilder ist ihr stetes 'Zur-Stelle- Sein', das unermüdliche 'Da-Sein' der Photographin am Ort des Geschehens die maßgebliche Qualität ihrer Sammlung. Dieser nun mehr als vier Jahrzehnte lange Dauereinsatz ist es, der Isolde Ohlbaums Photographien die Dimension der Geschichtsschreibung verleiht. Kein Zweifel, die Bildchronistin des literarischen Lebens in Deutschland heißt Isolde Ohlbaum. Ihr erstes großes Buch mit mehr als 300 berühmten Bildern von ebensolchen Autoren, darf in keiner Buchhandlung und bei keiner Dichterlesung in diesem Herbst fehlen. 'Die Photographin war am Hang zu sehen, wie sie die Gäste gleichsam umschwebte, ungeachtet des steinigen Bodens. Immer war sie da, huschte übers Geröll, zückte ihren Apparat, schraubte neue Linsen auf, schwenkte ein schwarzes Belichtungskästchen und glich einer schwirrenden Libelle. Ein Schweizer nannte sie die Fotoelfe. Als ob sie in der windsausenden Kälte heroben zwischendurch nicht da sei, sich verflüchtige, so kam sie Eugen vor; oder als ließe sie sich mitnehmen von einem Nebelfetzen. Die schien sich unsichtbar zu machen, war aber immer überall und wurde nur bemerkt, wenn sie mit anderen redete. Sie wusste alles, hatte zugeschaut und zugehört und verstand sich mit diesen Herrschaften hier, die’s schwierig mit sich selber hatten. Sie kannte die Bewegungen der Menschen und ihr Mienenspiel. Ließ sie gewähren, wartete und verwandelte sich schnell in ihre Photolinse, ließ ihre Empfindungen und was sie gesehen hatte, mit dem geschliffenen Glas verfließen.' Hermann Lenz, 2006

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