Orientalismus und Biografie
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Welche Rolle spielt Religion in der Entwicklung persönlicher Indienbilder? Mit der Untersuchung biografischer Erzählungen soll hinter das Klischee, Indien sei ein „religiöses Land“, geblickt werden. Interviewt wurden Männer und Frauen aus deutschsprachigen Ländern, die sich nicht primär aus spirituellen, sondern entweder aus beruflichen oder familiären Gründen längerfristig in Indien aufhalten. Wenn sie als Expats mit Indern zusammenarbeiten oder als Ehepartner von Indern in indische Familien hineinwachsen, müssen sie sich von den stereotypen Vorstellungen, die zum Beispiel auch in westlichen Indienreiseführern verbreitet sind, lösen. Über die detaillierte Analyse von sieben faszinierenden biografischen Verläufen sowie durch systematische Fallvergleiche wurden Theorieansätze gewonnen, welche erklären, welche Rolle die eigene und die fremde Religion spielt, wenn die deutschsprachigen Einwohner Indiens vor der Aufgabe stehen, sich die vielfältige Umwelt in komplexen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozessen anzueignen. Die Arbeit steht an einer Schnittstelle zwischen qualitativer Sozialforschung und den historisch ausgerichteten Disziplinen. Mit ihrer empirischen Schwerpunktsetzung hebt sie sich gegenüber den bisher meist historisch-philologisch und diskursanalytisch angelegten Publikationen zu Orient-, Asien- und Indienbildern ab. Dennoch wird der Versuch unternommen, Erkenntnisse der Orientalismusdebatte mit den Resultaten der vorliegenden Arbeit in Verbindung zu bringen, um somit die verkrusteten Strukturen der eingefahrenen Diskussion aufzubrechen und das Orientalismuskonzept neu auszurichten.