"Sich bilden, ist nichts anders, als frei werden"
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Der traditionsreiche Begriff der „Bildung“ gilt in der pädagogischen und fachdidaktischen Diskussion zumindest als widersprüchlich, wenn nicht gar als gefährlich. Zum einen wird er mit einer normativen, bildungsbürgerlichen Erziehung identifiziert, in der es vor allem um die Vermittlung von Inhalten und Werten geht, die den Erfordernissen unserer Zeit und der Zukunftsfähigkeit der nachwachsenden Generation nicht (mehr) entsprechen. Zum anderen hält er eine Erziehungsidee wach, die sich der Entfaltung des Individuums und seiner Freiheit von ökonomischen Zwecken und gesellschaftlichen Rollenzwängen verpflichtet weiß. Zusätzlich steht der Bildungsbegriff in deutlicher Spannung zum Kompetenzbegriff, demzufolge Lehr-Lern-Prozesse stärker auf den „Output“, das heißt auf die Fähigkeiten der Lernenden, ausgerichtet sein sollen als auf den „Input“ der Stoffe. Erstaunlicherweise hat aber die mit den Kognitions-, Sozialisations- und Schulleistungsforschungen einhergehende Fokussierung auf den Kompetenzbegriff auch die Aufmerksamkeit für die Bildungsdimension des Unterrichts neu geschärft - gerade auch in der Fachdidaktik Deutsch. Diese AuseinanderSetzung um den Bildungsbegriff als Denkrahmen für die Deutschdidaktik produktiv voranzutreiben war das Anliegen einer Ringvorlesung zur „sprachlichen und literarischen Bildung“ an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. In ihr ging es sowohl um die Gegenüberstellung der Leitbegriffe Bildungund Kompetenza\s auch um die theoretische Fundierung und didaktische Konturierung eines aktuellen Bildungsbegriffes selbst. Im Vordergrund stand dabei der Gedanke an die Einheit des Faches Deutsch mit seinem sprachlichen wie literarischen Bildungsauftrag, aber auch die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Wirklichkeit, die von sozialen Verwerfungen, von sprachlicher Heterogenität und von interkulturellen Bildungsherausforderungen geprägt ist. Entsprechend diesen Perspektiven wird „sprachliche und literarische Bildung“ im vorliegenden Sammelband in drei Kontexte gestellt: in den der literarischen Erfahrung, in den des Kompetenzbegriffs und in den der Muttersprache und der Mehrsprachigkeit. Die Aufsätze basieren auf den Vorträgen, die namhafte Vertreterinnen und Vertreter der Sprach- und Literaturdidaktik in der Ringvorlesung gehalten haben. Sie wurden durch einige Originalbeiträge ergänzt, unter anderem durch ein Gespräch der Herausgeber mit dem Schriftsteller Peter Härtung über seine Bildungserfahrungen als Leser und Autor.