Leibesdinge. Skulpturen, Objekte und Zeichnungen
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In meiner bildhauerischen Tätigkeit setze ich mich immer wieder mit dem klassischen Skulpturbegriff der Moderne auseinander. Durch die Verbindung des Steines mit verschiedenen, für diesen Begriff auch ungewohnten Materialien und Einsatzorte sehe ich die Notwendigkeit, diesen Skulpturbegriff zu erweitern. Von Anfang an sind mir zwei Komponenten der bildhauerischen Arbeit wichtig: Erstens betrachte ich Steine aber auch andere Ausgangsmaterialien als ruhende Wesen, die bei entsprechendem Umgang ihr Geheimnis in Form eines in ihnen geborgenes plastischen Werk freigeben können. Deshalb vermeide ich Techniken, die den Stein künstlich zwingen, eine nur äußerlich ästhetisierende Form als Kunstwerk anzunehmen. Mein langsamer, handwerklicher Gestaltungsmodus fügt sich an Kräfte, die -in dem zu Bearbeitenden schon inne wohnen, vorgeprägt oder bereits gestaltet- eine eigene Ausdrucksintension anzeigen. Zweitens nehme ich eine innere, natürliche Neigung in mir wahr, gegensätzliche Qualitäten der Materialität in einer Arbeit miteinander zu versöhnen. Allmählich erreiche ich damit, dass die Härte, Kälte und Abgeschlossenheit eines Materials sich antinomisch in Weichheit, Wärme und Offenheit wandelt und gleichzeitig im Raum eine kontemplative Fortsetzung fordert. Im Laufe meiner Arbeit ist eine andere Beziehung zur Raumfülle und Raumleere entstanden, in der die Wand nur als eine Anzeige einer dahinter existierenden, aber nicht sichtbaren Raumkontinuität dient: Die Plastiken „Leibsteinchen“ aus der Serie ACROLITHUS wachsen aus dem Boden, drängen aus der Wand heraus oder werden in der Raumleere wie organische Gebilde beherbergt. Die kontinuierliche Infragestellung des Raumes und die Suche nach dem Wesen des Raumes wirft mich immer wieder auf die Frage nach der eigenen Leiblichkeit und überhaupt nach dem Wesen der Körperdinge zurück. Dabei stoße ich auf das grundsätzliche Phänomen der Grenzfl äche: Die Grenzfläche, die mit ihrer verhüllenden Sensitivität eine zwischen Ding und Raum etablierte dritte Instanz schafft, verlangt nach einem eigenen Gestaltungsmodus: Es entstehen mit Schweinedarm umstrickte, umknüpfte und eingenähte „Leibsteine“ und die neue Serie der „Einverleibungen“. Meine Objekte und Projekte haben einen Zeitbezug, der ein menschlicher ist: Sie zeigen nicht nur woher sie kommen und was sie vor der Verwandlung waren, sondern verraten, dass sie als verletzbare Wesen zur Welt gekommen sind, die eine Achtung, Schonung und manche sogar der Pflege bedürfen. Sie haben die Potenz älter zu werden, sie könnten sogar als besondere „Lebendige“ eine Lebenszeit vor sich haben, die über uns Menschen weit hinausgeht. Es war immer die Aufgabe der Bildhauerei mit dem Hinstellen des Erhabenen einen Weg ideal zum Ewigen zu behaupten. In meinen Arbeiten zeige ich jedoch auf, dass das menschliche Leben in seiner Leiblichkeit von der Endlichkeit bedroht ist, aber kontinuierlich erhabene Momente zu finden sind, wenn die innere Form zur Geltung kommt. Indem ich lebendiges, sich veränderndes, vorgefundenes, von der Zeit oder Anderen gestaltetes, Material zum Ausgangspunkt meiner bildhauerischen Tätigkeit mache, trete ich in eine zeitliche Kontinuität des Daseins hinein, in der die Wirkungskräfte meiner gestalterischen Tätigkeit mit den Naturkräften und -gesetzen in Interaktion, Kooperation oder Antagonismus treten. Die Bewahrung der Identität meiner Arbeiten liegt in der kontinuierlichen Veränderung.