Sündiges München
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Spießig! Das ist das Image der Nachkriegszeit - und das ist auch das Image Münchens. Zu Recht? Die Bilder des Fotografen Al Herb erzählen eine ganz andere Geschichte. Als junger Mann tauchte Herb ein in das Nachtleben der Münchner Nachkriegszeit, in die Welt der Auszieh-Künstlerinnen, der amerikanischen GIs und ihrer 'Frolleins', der Bordsteinschwalben sowie der Twist- und Rock’n’Roll-Tänzer. Damals gab es in München noch keine Sperrbezirke. Es gab den 'Flesh-Pot', wie es die GIs nannten, den bestens gefüllten Fleischtopf. Vor allem rings um den Hauptbahnhof blühte das Geschäft mit dem Sex - einerseits künstlerisch auf der Bühne, andererseits handfest in Stundenhotels. Und mitten drin eine Jugend, die sich das Nachkriegsgrau von der Seele tanzte. Al Herb war bis in die Mitte der 1970er Jahre mit seiner Kamera dicht am Geschehen. Die 'Schönheits-' und Striptänzerinnen vertrauten ihm, beauftragten ihn oft, ihre Show fotografisch zu dokumentieren. Seine Bilder zeigen ein so pulsierendes Nachtleben, dass man sich als heutiger Betrachter verwundert die Augen reibt: Ist das wirklich München, nicht doch Paris, Berlin oder London? Aber die Nacht hatte schon immer ihre Schattenseiten. Hinter einer sündig glitzernden Fassade verbargen sich auch damals tragische Schicksale. Al Herb streifte immer wieder durch den Bahnhof und fotografierte die Verlierer der Nachkriegsjahre, die Obdachlosen, Kriegskrüppel, Gescheiterten und Gestrandeten. Sie gehörten ebenso dazu wie die Schönen der Nacht, die mit ihren Körpern in der einen oder anderen Form Geld verdienten. Münchens sündige Vergangenheit in all ihren Facetten zeigt das vorliegende Buch mit einer Auswahl der faszinierendsten Fotos zwischen Striptease und Alkoholleichen aus dem Archiv von Al Herb.