Die strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung
Autoři
Více o knize
Die sogenannte „strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung“ hat es in der Nische des Wirtschaftsstrafrechts in den vergangenen gut 30 Jahren zu mancherlei kritischer Besprechung gebracht. V. a. in den 80er- und 90er Jahren war die Frage nach Bestehen und Reichweite einer Garantenpflicht zur Verhinderung betriebsbezogener Straftaten untergeordneter Mitarbeiter Gegenstand fast erbitterter Meinungskämpfe in der Wissenschaft. Ein Konsens auch nur grundlegender Art konnte dabei nie gefunden werden. In den vergangenen Jahren geriet die strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung - obgleich nach wie vor ungeklärt - etwas in Vergessenheit und fand erst im Zuge einiger öffentlichkeitswirksamer Strafverfahren im Deutschen „Big Business“ (Siemens, Telekom, Deutsche Bahn) wieder mehr Beachtung: In jedem dieser Fälle und natürlich in vielen weiteren stellt sich genau die oben benannte Frage: Wann haftet ein Vorgesetzter wegen Unterlassungsdelikts und wann nicht? Weil Leitlinien seitens der Rechtsprechung weitgehend fehlen (nicht zuletzt aufgrund der Existenz des § 130 OWiG), sich aber gerade in schwerwiegenden Fällen die Frage nach der Anwendbarkeit des Strafrechts aufdrängt, ist die umfassende Aufarbeitung der Thematik so aktuell wie nie zuvor. Das Werk, das sich mit diesem notorisch dunklen Kapitel der Strafrechtsdogmatik beschäftigt, gliedert sich in vier grosse Abschnitte: Es beginnt mit einer Übersicht und Besprechung aller relevanter Sondernormen wie § 130 OWiG, § 357 StGB und § 41 WStG, fährt fort mit einer extensiven Rechtsprechungsanalyse und stellt im dritten Hauptteil ausführlich den Status Quo der Strafrechtswissenschaft dar. In der kritischen Besprechung der bisherigen Ansätze werden Irrwege ebenso herausgearbeitet wie die Schwächen derjenigen Theorien, die grundsätzlich zustimmungswürdig erscheinen und damit den Ausgangspunkt weiterer Überlegungen bilden. Der vierte und letzte grosse Abschnitt der Arbeit enthält den eigenen Lösungsansatz des Autors, der sich nicht nur durch dogmatische Klarheit, sondern auch durch seine Praxistauglichkeit auszeichnet und sich in das Haftungssystem des § 13 Abs. 1 StGB einfügt. Zahlreiche Beispielsfälle erläutern das gefundene Ergebnis und zeigen zugleich die wichtigsten Differenzierungen bei der Frage nach der Haftung auf. Eine Besprechung der europarechtlichen Vorgaben zur Geschäftsherrenhaftung („PIF-Konvention“) rundet die Arbeit ab. Die summa cum laude bewertete Dissertation enthält zudem grundsätzliche Überlegungen zur Aufsichtsgarantenhaftung sowie zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei Unterlassungsdelikten und geht damit in ihrer Relevanz über die Frage nach dem Ob und Wie der Geschäftsherrenhaftung hinaus.