Spiele des (Un)-Sichtbaren
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Buenos Aires ist eine Stadt des Theaters. Dass an einem Samstagabend oft mehr als 150 Aufführungen zu sehen sind, zeugt von der Vielfalt der dortigen Theaterszene. Und doch ist es ein marginales Theater: gespielt in kleinen, alternativen Spielstätten, spielerisch, mit großen Freiheiten, ebenso großen Problemen – und praktisch entkoppelt von staatlichen Zuschüssen. Ein Theater wie aus einer Katakombe, das gerade deshalb durch die schwere argentinische Wirtschaftskrise im Jahr 2001 nichts von seiner Vitalität eingebüßt hat. Auch internationales Festivals wie Theater der Welt oder Kampnagel haben das argentinische Gegenwartstheater längst entdeckt. Dennoch liegt bisher keine detaillierte deutschsprachige Untersuchung zur Theaterszene der letzten 20 Jahre vor. Johanna Dupré stellt sich der Aufgabe, ein Denkmodell zur Analyse der so genannten Neuen Tendenzen zu entwickeln, das der in Argentinien oft geäußerten Ansicht, dass es sich um ein unpolitisches, rein am Formalen interessiertes Theater handelt, entgegentritt. Dazu schlägt die Autorin mit Hilfe von Denkansätzen der argentinischen Wissenschaftler Jorge Dubatti und Federico Irazábal sowie der Theorien von Jacques Rancière, Bernhard Waldenfels und Dieter Mersch das Konzept einer Politik der Wahrnehmung vor. Demnach können im argentinischen Theater der Neuen Tendenzen, das als ein performatives, spielerisches Theater der Erfahrung definiert wird, Grenz- und Fremdheitserfahrungen ein mögliches Anderssehen bewirken und so bisher unsichtbare Aspekte der Wirklichkeit sichtbar werden lassen. Die Autorin analysiert dazu die Inszenierungen Máquina Hamlet und Manifiesto de Niños der Objekttheatergruppe El Periférico de Objetos sowie die urbane Intervention Proyecto Filoctetes von Emilio García Wehbi. Sie verbindet so Theorie und Praxis und bietet eine erste Anwendung des Denkmodells auf das argentinische Gegenwartstheater.