Heidelberg nach 1693
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Bis heute erinnern die Ruinen des Heidelberger Schlosses an jene katastrophalen Kriegseinwirkungen, die 1693 und 1698 unter dem Vorwand französischer Erbfolgeforderungen über die pfälzische Residenzstadt hereinbrachen. Flugblätter berichten von Brandschatzung und beispielloser Terrorisierung der Bevölkerung. Der Verlust des Residenzstadtstatus im Jahre 1720 schien schließlich das Endgültige dieser Niederlage zu besiegeln. Erst im Zuge der 1996 einsetzenden Bemühungen, die Stadt Heidelberg in die Liste des Weltkulturerbes einzuschreiben, fiel ein neues Licht auf die Altstadt im Schatten des Schlosses. In einer einzigartigen Wiederaufbauleistung war sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf mittelalterlichem Grundriss, doch in barocken Formen wieder auferstanden. Interdisziplinär, mit methodisch vielfältigem Zugang und aus unterschiedlicher Sicht versucht der vorliegende Band erstmalig Fragen der Bewältigung dieser Krise nachzugehen: Mit welchen Deutungsmustern spiegeln zeitgenössische Texte und Bilder das Ereignis in der von konfessionellen Spannungen zerrütteten Stadt? Wie, aus welchen sozialen Gruppen und mit welchen Identifikationsmodellen entwickelt sich eine neue städtische Bevölkerung? Welche Perspektiven entwirft der neue katholische Kurfürst für die ehemalige pfälzische Residenz seiner calvinistischen Vorgänger und wie ließen sich diese umsetzen? Welche denkmalpflegerischen, urbanistischen und feuerpolizeilichen Konzepte wurden beim Wiederaufbau berücksichtigt? Das facettenreiche Bild einer Gesellschaft, die sich in der labilen Phase des Wiederaufbaus auf die langwierige Suche nach einer neuen städtischen Identität begibt, hat bis heute nichts an Aktualität verloren.