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"Alles ist Wechselwirkung"

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Den Ausgangspunkt dieser Studie bildet Goethes Vorbild einer ästhetisch „anschaulichen“ Naturbetrachtung, die auf das ganzheitliche, simultane und intuitive Erfassen von Naturphänomenen setzt. In diesem System hat selbst das Wirken eines Kunstdilettanten seinen Platz, insbesondere dann, wenn es diesem gelingt, nicht nur als „Liebhaber“, sondern vor allem als „Kenner“ der Materie inhaltlich Relevantes in gefälliger Form zu präsentieren. Dabei sollte allerdings auch die durchaus vergnügliche Seite ästhetischer Naturaneignung nicht zu kurz kommen - eine Erwartung, die sich für alle hier vorgestellten, zu ihrer Zeit international renommierten Naturwissenschaftler dank ausdauernder Begeisterung für Landschaftskunst erfüllte. Als Bildungsbürger par excellence profitierten Alexander von Humboldt und Carl Gustav Carus in vielfacher Weise noch von ihren persönlichen Kontakten zu Goethe, dessen Vorbild sie in kritischer Bewunderung nacheiferten. Dass sich auch jüngere Wissenschaftler wie der Evolutionsbiologe Ernst Haeckel und der Physikochemiker und Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald breitenwirksam auf den Olympier als geistigen Ahnherrn ihres monistischen Weltbildes berufen konnten, spricht durchaus für die Zeitlosigkeit von dessen ästhetisch-dynamischem Naturmodell. Doch bereits der Dichterfürst fürchtete zu Recht um den Fortbestand einer kontemplativen, behutsamen Forschungsmethode, deren Schlüssigkeit spätestens mit dem Positivismus auf breiter Front in Zweifel gezogen wurde. Parallel dazu verkürzte sich die Wahrnehmung Goethes immer weiter auf sein literarisches Wirken. Erst so herausragende Wissenschaftler wie etwa die beiden Physiker Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker gaben im 20. Jahrhundert den Impuls zu einer allmählichen Renaissance Goethescher Naturerkenntnis und schufen damit eine tragfähige Basis für den Dialog zwischen Geistes- und Naturwissenschaften. Beispielhaft begriff Carl Gustav Carus seine Vita als echten Gestaltungsauftrag. Daher steht das vielseitige Wirken des Dresdner Arztes, Naturwissenschaftlers, Philosophen und „Erdlebenbild“-Künstlers auch im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Dabei erscheint sein „Lebens-Kunst-Konzept“ durchaus als Vorwegnahme einer „salutogenetischen“ Ordnungslehre, wie sie der Medizinsoziologe Aaron Antonovsky (1923-1994) definierte - kaum verwunderlich also, dass Carus inzwischen zur Symbolgestalt einer spirituell verstandenen Medizin avancierte. Die Kunstgeschichtsforschung ist nun ihrerseits dabei, sein Potential als Chronist einer lebendigen, sinnhaft organisierten Natur neu zu entdecken. Nicht zuletzt darauf begründet sich der transdisziplinäre Forschungsansatz der Studie, in die auch Erfahrungen der Autorin als Naturwissenschaftlerin und Wissenschaftshistorikerin mit eingeflossen sind.

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2010, měkká

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