Italesco – interlinguale Sprachvarianz in vier Generationen italienischer Migranten
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Die italienischen Migranten in Deutschland sind trotz ihrer zahlenmäßigen Stärke und langen Aufenthaltsdauer eher selten Gegenstand sprachwissenschaftlicher Analysen. Im Gegensatz zu bisher aufgestellten Hypothesen, die von einer domänenspezifischen Verteilung der Herkunftssprache und Sprache des Aufnahmelandes sowie von einer generationellen Regression der Herkunftssprache bis hin zum Verlust ausgehen, zeichnet sich in dieser empirischen Studie eines repräsentativen Netzwerkausschnitts italienischer Migranten vielmehr die Entwicklung eigener Migrantencodes ab, die hier unter den Oberbegriff Italesco gefasst werden. Dieser Italesco-Sprachvarietät setzt sich aus Elementen der Herkunfts- und Aufnahmelandessprache zusammen und ist sozialsymbolischer Ausdruck einer 'Patchwork-Identität'. Sie ist durch Code-Switching gekennzeichnet, d. h. durch Wechsel zwischen Italienisch (ITAliano) und Deutsch (tedESCO) innerhalb eines kommunikativen Ereignisses. Diese kommunikative Praxis bildet den Untersuchungsgegenstand der Studie, in der zur multiperspektivischen Auswertung und Interpretation des Sprachdatenkorpus zahlreiche komplementäre Ansätze korreliert werden: Zur Untersuchung jüngeren Sprachwandels wird ein sprachwandeltheoretischer Ansatz (sog. Apparent-time-Vergleich) angewendet, bei dem zu einem bestimmten Zeitpunkt die Sprache der Mitglieder der älterer Migrantengeneration mit denen der jüngeren verglichen wird. Aufgrund des ethnographischen Ansatzes erfolgt der Einbezug der Stadtteile als multiethnischer und multilingualer Lebens- und Sprachraum der Migranten. Der makrosoziolinguistische Ansatz berücksichtigt die Beziehung zwischen außerlinguistischen Determinanten und Spracheinstellung/-verhalten sowie die individuelle soziale und identitäre Orientierung als Interdependenzrelation sozialer, kultureller und sprachlicher Varianz. Durch den mikrosoziologischen Ansatz erfolgt die Verbindung der strukturell-grammatikalischen und funktional pragmalinguistischen Analyse der Sprecheräußerung nach gesprächs- und diskursanalytischen Ansätzen. Mit dem Ansatz der interpretativen Soziolinguistik werden zudem die soziokulturellen Bedingungen bei der Untersuchung ihres symbolischen Ausdrucks in der Interaktion mit einbezogen.