Rechtsanwendungsprobleme beim Werklieferungsvertrag nach der Schuldrechtsreform und mögliche Konsequenzen für das chinesische Vertragsrecht

Durch die Schuldrechtsreform ist die Abgrenzung der werkvertraglichen von den kaufvertraglichen Vorschriften wesentlich verändert worden. Sie ist auf alle seit dem 01.01.2002 geschlossenen Verträge anzuwenden (Art. 229 § 5 EGBGB). Nach dem neu konzipierten § 651 BGB wurde das Gewicht nachhaltig zu Gunsten des Kaufrechts verschoben. Anlass für die Neuregelung war zunächst die Umsetzung der Richtlinie 1999/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf, nach deren Art. 1 Abs. 4 auch Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter als Kaufverträge im Sinne der Richtlinie gelten. § 651 BGB n. F. geht aber über diese Vorgabe hinaus, indem der deutsche Gesetzgeber sich aus Gründen der Vereinheitlichung und der Übersichtlichkeit dazu entschieden hat, generell alle Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Sachen, d. h. nicht nur Verbraucherverträge, sondern auch Verträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern, dem Kaufrecht zu unterstellen. Diese Änderung des § 651 BGB betrachten manche Autoren als sachlich nicht bedeutsam, weil die für das Kaufrecht geltenden Mängelhaftungsvorschriften seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ohnehin weitgehend an das Werkvertragsrecht angeglichen sind, während andere Verfasser meinen, dass der Anwendungsbereich von § 651 BGB unbedingt im Wege der Auslegung eingeschränkt werden müsse. Die Frage der Abgrenzung zwischen Kaufvertragsrecht und Werkvertragsrecht ist nicht nur für das deutsche Recht von Bedeutung, sondern spielt auch im chinesischen Zivilrecht eine große Rolle. Sie wurde in China bislang nicht korrekt in die rechtswissenschaftliche Forschung aufgenommen und ist daher völlig unklar. Deshalb soll diese Arbeit auch einen Beitrag leisten, den Blick der chinesischen Juristen auf diesen schwierigen, dennoch interessanten Bereich zu richten.