Prozesskraftrichtungsangepasste Frässtrategien zur schädigungsarmen Bohrungsbearbeitung an faserverstärkten Kunststoffen
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Die Anwendungsgebiete für faserverstärkte Kunststoffe (FVK) nehmen seit Jahren stetig zu. FVKs bieten herausragende spezifische Materialeigenschaften, die sie zu einem sehr guten Leichtbauwerkstoff machen. Luftfahrt- und Automobilindustrie, marine Anwendungen, der Sportsektor oder die Baubranche sind die relevantesten Bereiche für den Einsatz faserverstärkter Kunststoffe. FVKs sind Verbundwerkstoffe, bei denen in der Regel technische Fasern (Kohlenstoff, Glas, Aramid) in einer polymeren Matrix (Thermoplast oder Duromer) eingebettet sind. Es sind heterogene Werkstoffe, die zudem in der Art anisotrop sind, als dass die Fasern im Idealfall so angeordnet sind, dass sie dem Kraftfluss im Bauteil entsprechen. Sie bieten durch ihren Aufbau jedoch besondere Herausforderungen hinsichtlich mechanischer Bearbeitung. Generell ist eine Nachbearbeitung auf das absolute Minimum begrenzt, da jedes Trennen der lasttragenden Fasern die Bauteilperformance vermindert. Dennoch sind Bearbeitungsschritte wie das Besäumen oder eine Bohrungsherstellung für Niet- oder Schraubenverbindungen in vielen Fällen unumgänglich. Da die Bearbeitung die Bauteilfestigkeit an sich schon reduziert, sind zusätzliche bearbeitungsinduzierte Schädigungen und die damit verbundene weitere Festigkeitsreduktion möglichst zu minimieren. Die Mehrzahl der Ansätze zur Reduzierung bearbeitungsinduzierter Schädigungen zielt auf eine Reduktion der Bearbeitungskräfte. Spezielle Bohrergeometrien oder mehrachsige Frässtrategien wie das Zirkularfräsen wurden umfangreich untersucht. Zusätzliche Abstützplatten am Werkzeugaustritt vermindern die Materialdeformation und verbessern somit das Bearbeitungsergebnis. Den hier vorgestellten Arbeiten liegt ein anderer Ansatz zugrunde: Die Bearbeitungskräfte werden bei der Bearbeitung beider Werkstückdecklagen gezielt zum Werkstückinneren gerichtet. Das Material fungiert somit als seine eigene Abstützung. Bearbeitungsstrategien unterschiedlicher Komplexität wurden entwickelt und in experimentellen Bearbeitungsversuchen bewertet. Die neuen Strategien „Spiral- und Zirkularfräsen“ sowie „Taumelfräsen“ bieten im Vergleich zu Referenzprozessen sehr großes Potenzial. Da jedoch eine detaillierte Prozessanalyse bei komplexen Werkzeugbewegungen aufwendig und schwierig ist, wurde ein kinematisches Simulationsmodell programmiert, das Prozesskraftanalysen ermöglicht. Multivariate Regressionskraftmodelle wurden aus Experimentaldaten eines Abstraktionsprozesses bestimmt. Diese Modelle wurden in das Simulationsprogramm implementiert, um auf Basis der zeitaufgelösten Eingriffsbedingungen an der zerlegten Werkzeugschneide die resultierenden Prozesskräfte zu berechnen. Abschließend wurde das Simulationsmodell verwendet, um neue, zuvor nicht betrachtete Bearbeitungsstrategien, analysieren und ihr Potenzial bestimmen zu können.