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Russische Bildgedichte der postsowjetischen Epoche

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Bildgedichte sind Gedichte zu Werken der bildenden Kunst. Diese „Grenzgänger“ (Hellmut Rosenfeld) zwischen zwei Medien wurden von Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte allzu lange stiefmütterlich behandelt. Erst in den letzten Jahrzehnten geraten sie allmählich ins Visier der Literaturforscher. An einer der zahlreichen Forschungslücken ansetzend befasst sich diese Studie mit der bildlyrischen Gattung in ihrer russischen Ausprägung. Grundlage der Untersuchung bildet ein Textkorpus von neun Gedichten, die sowohl von anerkannten Dichtern wie Andrej Voznesenskij als auch von weniger bekannten Autoren wie Grigorij Mark stammen und in ihrer Zusammenstellung einen Querschnitt durch die russische Lyrik der Postsowjetzeit darstellen. Neben den erprobten literarischen Methoden (Gisbert Kranz, Eži Farino, Viviane Kafitz) greift die intermedial ausgerichtete Untersuchung verstärkt auf die aktuellen Vorgehensweisen der Bildwissenschaft und Kunstgeschichte (Klaus Sachs-Hombach, Thomas Raff) zurück. Die bestehenden Klassifikationsraster der Bildlyrik werden dabei durch weitere Inhaltskomplexe ergänzt, für die eine entsprechende Terminologie entwickelt wird. Drei thematische Schwerpunkte - Politik, Religion und poetologische Selbstreflexion - spiegeln die wichtigsten Entwicklungstendenzen der zeitgenössischen russischen Lyrik wider und führen zugleich plastisch vor Augen, dass „Botschaft“ des Gedichts und Gehalt der jeweiligen Bildvorlage durchaus weit auseinanderliegen können. Die behandelten Textbeispiele offenbaren den mannigfaltigen Umgang mit den bildkünstlerischen Vorlagen, die interpretiert, anthropomorphisiert, assoziativ um andere Dimensionen respektive Sinneseindrücke ergänzt werden, aber auch in Wettstreit mit anderen Medien treten oder als Vorlage zur Meditation oder Parodie erscheinen können. Darüber hinaus sprechen die analysierten Bildgedichte vielfach die wichtigsten politischen Entwicklungen in Russland seit der Perestrojka bis heute, allgemeine Glaubens- und Sinnfragen sowie Probleme der künstlerischen Selbstrepräsentation an, wobei die rhetorische Gestaltung des jeweiligen Textes durch den Bildbezug in aller Regel an Aussagekraft gewinnt.

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2012

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