Im Anfang war der Thron
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Bei einem Initiationsritual ermöglicht der Thron dem Platznehmenden die soziale Geburt in einen höheren Status. Dies erklärt sich aus dem „Ur-Thron” als Abstraktion einer Muttergöttin, auf deren Schoß der Thronende als ihr Kind sitzt. Dafür spricht die Bedeutung des Namens der Muttergöttin Isis [= Thron], zudem bezeichnen Epitheta mit -thronos in griechischer Lyrik und anthropomorphe Thronmodelle nur weibliche Gottheiten. Antike Territorialbegriffe sind in ihrer Sakralisierung als von der Erdmutter abgespalten stets weiblich. Da Griechen und Römer bildlose Kulte ablehnten, symbolisiert ein leerer Thron nicht unsichtbare Gegenwart, sondern baldige Ankunft der Gottheit: beim Initiationsakt [sellisternium, thronosis bzw. thronismos] eines Mysterienkultes ebenso wie beim Sakralkönigtum, wo die Herrschaft über ein Mutterland durch Hochzeit mit der Erdgöttin in Gestalt ihrer Priesterin legitimiert und durch das Be-Sitzen der Mutter, d. h. des Thrones, und Aufsetzen eines Kranzes ausgedrückt wurde. Solche Ideen reichen über das Bildprogramm des Parthenon mit der Hochzeit von Athena und Hephaistos bis S. Maria Maggiore in Rom [432-440], wo die Mater Ecclesiae Maria sich Christus vermählt.