Lesespuren - Spurenlesen oder wie kommt die Handschrift ins Buch?
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Ästheten, Sammler, Antiquare und Bibliothekare sind entsetzt oder hoch erfreut: Handschriftliche Eintragungen in Büchern verschandeln ihr ›Objekt der Begierde‹ oder werten es ungemein auf, je nachdem, wer darin ›Hand angelegt‹ hat und was sich daraus herauslesen läßt. Über die vielen Wege, auf denen die Handschrift ins Buch kommt, handelt der vorliegende Band – hauptsächlich über jene, die in brisanter Weise verdeutlichen, daß der scheinbar so abgelegene Aspekt der Lesespuren unter kulturhistorischer, medien- und literaturwissenschaftlicher Perspektive eine besondere Kunst des Spurenlesens verlangt. Welche Signale werden gesetzt, wenn ein Benutzer auf ein Bibliotheksexemplar der gewichtigen Kulturzeitschrift 'Merkur' den Vermerk 'Judenheft' anbringt? Wie kann man die zahlreichen Annotationen von Kurt Tucholsky deuten, die dieser in einem weit verbreiteten Reimlexikon seiner Zeit vornahm? Was bezweckte Marcel Prawy, als er in Wagner-Monographien – auch seiner eigenen – fast jedes gedruckte Wort unterstrich, so daß sich kaum unterscheiden läßt, was er damit eigentlich hervorheben wollte? Die Antwort auf solche und ähnliche Fragen werden hier – übergreifend, im Detail und aufgrund ihrer Vielfalt manchmal auch nur skizzenhaft exemplarisch – im Rahmen des 19. Jahrhunderts bis heute abgehandelt, sei es in bezug auf Franz Grillparzer, Karl Kraus, Hugo von Hofmannsthal, Franz Werfel, Peter Weiss, Thomas Bernhard, Peter Handke oder David Foster Wallace. Darüber hinaus verrät der renommierte Literaturkritiker und Bachmann-Juror Hubert Winkels das geheime Siglen-Verweissystem seiner Lektüre wie auch prominente AutorInnen preisgeben, was für sie beim Lesen annotierend Sinn oder dessen Gegenteil ausmacht: Barbara Frischmuth, Walter Grond, Jan Koneffke, Peter Rosei, Norbert Scheuer, Margit Schreiner und Clemens J. Setz.