Mit Kowald in Sibirien
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Anfang April 1991 lud der Wuppertaler Kontrabassist Peter Kowald den Schlagzeuger Dietrich Rauschtenberger ein, mit ihm nach Sibirien zu fahren. Die beiden Musiker kannten sich seit 1961, als Kowald Mitglied eines von Rauschtenberger und dem Saxofonisten Peter Brötzmann gegründen Freejazz-Trios der ersten Stunde gewesen war. Anlass der Sibirienreise war die Hochzeit der tuwinischen Sängerin Sainkho Namchylak mit dem Wiener Saxofon- und Klarinettenspieler Georg Graf in ihrer Heimat Tuwa. Während dieser Reise sollte ein Konzert in Moskau gegeben werden, das vom russischen Fernsehen aufgezeichnet wurde. Danach ging es mit der Transsibirischen Eisenbahn weiter bis nach Atschinsk, und von dort durch das Sajan Gebirge bis nach Kysyl, der Provinzhauptstadt der damaligen sowjetischen Teilrepublik Tuwa. Tuwa liegt an der Grenze zur Mongolei und ist berühmt für seine Oberton-Sänger. Die Reise begann am 2. Mai und endete am 19. Mai. Dietrich Rauschtenberger lernte auf dieser Reise Menschen und Musiker kennen, die ihm die tuwinische Kultur und Landschaft näherbrachten und – wie Rauschtenberger schreibt -– sein Musikverständnis nachhaltig vertieft und sein Leben reicher gemacht haben. Rauschtenberger, der auch Schriftsteller ist, und in seinem jüngsten Roman „Trombeck“ das soziokulturelle Klima, in dem der Free Jazz in Deutschland entstand, beschrieben hat, reflektiert in seinen Erinnerungen diese ungewöhnliche Reise. Entstanden sind einfühlsame und zugleich poetische und genaue Portraits von Menschen und Landschaften. Zugleich ist dieser literarische Reisebericht eine Zeitreise in die Sowjetunion vor ihrem Zerfall, der die Stimmung und Atmosphäre jener Zeit einfängt.