Schmuck für Lebende und Tote
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Die Entdeckung einer seit mehr als drei Jahrtausenden unberührten, reich ausgestatteten königlichen Grabanlage in Tall Mišrife, dem antiken Qaṭna, im Jahre 2002 hat unser Wissen über das Verhältnis von Lebenden und Toten im Syrien des 2. Jahrtausends v. Chr. auf eine neue Grundlage gestellt. In Band 4 der Reihe Qaṭna-Studien werden die über tausend in den Felskammern gefundenen Schmuckobjekte erstmals umfassend vorgelegt. Aus der Fülle an archäologischen Daten ergeben sich grundlegende Fragen nach Bedeutung und Wert von Schmuck im konkreten soziokulturellen Kontext. Für ihre Beantwortung ist das Hinzuziehen von Keilschriftquellen, die den Umgang mit Schmuck an Königshöfen im mittel- und spätbronzezeitlichen Syrien dokumentieren, unumgänglich. Dazu gehört eine Gruppe von Inventartexten aus dem Königspalast von Qaṭna selbst, in denen die Schätze der Palastgottheiten notiert wurden. Diese werden in Elisa Roßbergers Arbeit detailliert ausgewertet und mit der archäologischen Evidenz aus der Königsgruft verglichen. Daraus ergeben sich Möglichkeiten, bisher ungeklärte Begriffe mit konkreten Objekten, Materialien und ihrer Verarbeitung zu verbinden. Das Wissen über die Herstellung, Verwendung und Bedeutung von Schmuck in der Welt der Lebenden verhilft auch zu einem besseren Verständnis seiner Funktion im Totenritual. Die in der Königsgruft Bestatteten wurden nur für einen begrenzten Zeitraum mit farbenprächtigen Textilien und wertvollem Schmuck in Bilder ihrer selbst verwandelt; bei der Umbettung in sekundäre Ruhestätten wurde diese Ausstattung entfernt. Schönheit und Glanz dienten den Lebenden, aber sie spielten in der Welt der Toten keine Rolle.