Gelegentlich Angekommen
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Mit seinem neuen Erzählband „gelegentlich angekommen“ legt Gerhard Pees ein Werk vor, in dem er uns erneut einen bunten und äußerst lesenswerten Strauß an Anekdoten, feinsinnigen Beobachtungen und Reiseabenteuern präsentiert. Unendlich weit ist der Spannungsbogen. den er dabei aufzieht, und gleichzeitig erleben wir den Erdball aus der Sicht des Globetrotters, der in der Lage ist, höchst gegensätzlich Erscheinendes in einem einzigen Satz zu vereinen. Nur ihm, dem weltreiseerfahrenen Urschwaben gelingt es daher so mühelos, etwa die in der Luxuslounge von Quatar Airways im Flughafen Doha genossene Linsensuppe mit den im Steckental nahe dem württembergischen Weil der Stadt angebauten Alblinsen unmittelbar in Verbindung zu bringen. Ähnlich vielfältig und breitgefächert ist das Panoptikum der Figuren, das Gerhard Pees vor unseren Augen parodieren lässt. So unterschiedlich die Bewohner des menschlichen Tiergartens, den der Herrgott erschaffen hat, auch sein mögen, der Autor bringt sie uns alle nahe, vom schillernden Rio-Negro-Kapitän Wolfgang Brög über die Beginen-Schwester Brita bis hin zu den italienisch-schwäbischen Sportkumpanen Pasquale, Charly und Rocco, von der alleinreisenden übergewichtigen Sitznachbarin im Urlaubsjet über Michael den Betrüger, bis hin zum brasilianischen Urwaldmythos Tatunca Nara, den selbsternannten Häuptling der Ugha Mongulala. Gerhard Pees schildert sie uns mit allen ihren guten und weniger guten Seiten, oft mit viel Einfühlung und Verständnis für die kleinen Schwächen, die wir doch alle haben, und dann wieder aus nüchterner Distanz, mit der feinen Ironie, welche den Werken des Autors beinahe durchgängig die Würze gibt. Eine herausgehobene Stellung nehmen freilich die Frauen ein. Der Autor macht gar kein Hehl aus seinem Faible für junge weibliche Wesen, insbesondere, wenn sie das gewisse Etwas haben, das ein leises erotisches Knistern in ihm weckt. Seines Alters und Familienstandes jedoch immer bewusst, hebt er diese Geschöpfe dann meist auf eine Art Sockel und entrückt sie so aus dem Reich des für ihn Möglichen. Im vorliegenden Band verklärt der Autor etwa die hübsche 25-jährige Urwaldtouristin Isabel auf diese Weise. Doch kaum wähnt er sich absolut sicher, hält die von ihm erschaffene, „entrückte Frauengestalt“ vor ihrem endgültigen Verschwinden dann doch noch eine Überraschung für ihn bereit. Ganz und gar nicht entrückt, sondern mitten im Leben steht A. die beste Ehefrau von allen. Sie ist des Autors kritisches Korrektiv, stets sanfte Mahnerin und vorbeugende Kraft im Hintergrund, wenn der Herr in seinem jugendlichen Überschwang wieder einmal über das Ziel hinauszuschießen droht. Dies ist eine typische Szene: A. nervte: „ Woher willst Du wissen, ob das der richtige Weg ist? Frag doch mal jemanden.“ Aber Männer fragen nicht, und schon gar nicht, wenn die Sache so offensichtlich ist. Ich gab also keine Antwort, sondern stapfte einfach los.. Der Leser ahnt es bereits: Wieder einmal marschiert der Autor los, ohne auf A. zu hören und landet zielsicher in der Irre. Und das ist ein weiterer sympathischer Zug in den Werken des Gerhard Pees: Seine Fähigkeit, sich selbst auf den Arm zu nehmen, das Menschlich-Allzumenschliche, das seine Charaktere prägt, auch in der eigenen Querköpfigkeit zu erkennen. Gibt es für den Leser eine bessere „goldene Brücke“ für die Identifikation? Ich glaube nicht. Also auf, ganz in diesem Sinne: Lesen, genießen und immer wieder über sich und andere schmunzeln! Christof Schmid-Flemmig (Lektor)