Der Vorrang des Selbst
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Die praktische Grundfrage der Philosophie zerfällt in zwei Aspekte: Sie zielt sowohl auf das individuelle gute Leben wie auch auf die kollektive Sittlichkeit ab. Angesichts der aktuellen Pluralisierungstendenzen scheinen die überkommenen Antwortstrategien allerdings unangemessen. Vor allem der moderne Moralbegriff bedarf einer eingehenden Kritik. In der Auseinandersetzung mit den wirkmächtigen Ausführungen von John Rawls entfaltet der Autor daher seine vernunftskeptische Argumentationslinie. Moralische Normen sind Wertungen, die sich aus einer konkreten Auffassung des guten Lebens ergeben. Auf die postmodernen Zweifel hinsichtlich substantieller Erkenntnismöglichkeiten reagiert der Autor mit einer innovativen Strukturanalyse des Guten. Partikulare Inhalte können nur noch auf der Sinnebene des Individuums erzeugt werden. Hierfür erweist sich die eingeführte Konzeption des Weltbilds als die geeignete Rechtfertigungsmatrix jeder Bestimmung des sinnvollen Guten. In der ergänzenden Kategorie der Lebensform bildet sich sodann eine kollektive aber partielle Schnittmenge der singulären Lebensentwürfe. Diese Betrachtungsweise führt zu einer angepassten Neudefinition der Moral, die auf zwei hierarchische geordnete Dimensionen verweist: Moral als Moralität konstituiert sich als Bestandteil des guten Lebens. Die nicht abgedeckten intersubjektiven Regulative werden derivativ in der Dimension der Sozialmoral, die ihrerseits von einer begrenzten Lebensform abhängt, formuliert. Dieses zeitadäquate Moralverständnis verstetigt damit eine fortgesetzte Konfliktlage, welche dem Individuum eine entschlossene Stellungnahme im Sinne eines vorgelebten aber nicht weiter legitimierbaren Selbstentwurfs abverlangt. Die Argumentation des Buches mündet daher in der richtungsweisenden These, dass Moral zu einer Frage der persönlichen Haltung wird. Den unhaltbar gewordenen Allgemeintheoremen setzt dieses unkonventionelle Konzept somit die praktischen Gewissheiten der je eigenen Lebensführung entgegen