Nietzsche will Vergessen
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Faszinierend für uns „Zivilisierte“ stellt sich das Leben des Amazonas- Stammes der Pirahã dar. Ohne Vergangenheit in ihrem Denken leben die Angehörigen nur für die Gegenwart. Sie wissen auch nicht, was Zukunft ist und deshalb erweisen sich Erfahrungen ebenso nutzlos, wie der Glaube an transzendentale Mächte. Die Lebensweise der Pirahã gilt als völlig unbelastet von gesellschaftlichen Zwängen. Deshalb wird der Stamm zum glücklichsten Volk stilisiert. In dieser Wertung schwingt wohl auch die Sehnsucht mit, frei zu sein. Frei von belastenden Erinnerungen, frei von überliefertem Wissen, das notgedrungen in seinem Ausmaß als erdrückender Ballast empfunden werden muss. Wie befreiend würde gerade der Forschende, der Wissenschaftler aufatmen können, wenn ihm genug Raum für eigene Kreativität bleiben würde. Diesem Grundanliegen widmet Friedrich Nietzsche seine „Unzeitgemäßen Teil II“. Doch die Unmöglichkeit, Wissen ohne Erfahrungen und Erkenntnisse zu erlangen, gesteht auch Nietzsche zu. Wie wichtig oder störend Erinnerungen sein können, wie wohltuend oder problematisch es sein kann zu vergessen, diesen Themen widmet sich das Buch.