Der Anonymus de rebus bellicis
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Eine in der Forschung zur Spätantike besonders kontrovers diskutierte Schrift ist die des Anonymus de rebus bellicis. Während die einen die kleine Abhandlung mit ihren phantasievollen Illuminationen von Münzen und Kriegsgerätschaften nach wie vor als Produkt eines „verrückten Projektenmachers“ ansehen, gilt der Autor bei anderen geradezu als Sozialreformer. Die Auseinandersetzung mit dem Text erfolgte bislang vor allem mit dem Ziel einer Datierung, die jedoch nach wie vor nicht unstrittig ist. Da der De rebus bellicis kaum Hinweise bietet, die eine klare Ein- und Zuordnung ermöglichen würden, fand die Schrift in den letzten Jahren nur wenig Beachtung. Mit dieser Studie wird erstmals eine vollständige Bestandsaufnahme und Untersuchung der Morphologie der Schrift vorgelegt, um so eine Basis für eine weiterführende Auseinandersetzung damit zu schaffen. Dabei ist ein Schwerpunkt die Beschreibung der formalen Charakteristika der Textfassungen, wie sie in den Codizes vorliegen. Fragestellungen sind dabei u. a.: Inwiefern stellen die Illuminationen tatsächlich vorbildhafte Konstruktionszeichnungen dar? Bieten Strukturierungen der Schrift, wie Majuskeln, Inhaltsverzeichnisse/-angaben etc., Hinweise darauf, wie der Text De rebus bellicis benutzt werden sollte? Lassen sich anhand dieser Formalien) Aussagen über potentielle Interpolationen treffen? Ein wichtiges Element ist hierbei neben dem Gang der Überlieferung auch das Überlieferungsumfeld. Zudem wird versucht, auf Basis einer inhaltlichen Analyse, bei der auch die Autoren-persona thematisiert wird, weitere Erkenntnisse über die Schrift zu gewinnen: Können die zahlreichen Hapax Legomena Aussagen über die beabsichtigte Wirkung der Abhandlung ermöglichen und welche Rückschlüsse können dadurch über den anonymen Verfasser gezogen werden? Welche Textgattung liegt vor und welche Konsequenzen hat dies hinsichtlich des Verwendungszweckes des Textes De rebus bellicis? Als Resultat der Studie ergibt sich, dass der Text des Anonymus de rebus bellicis als musterhafte Sammelschrift, d. h. zusammenkomponiert aus exzerpierten Textpassagen, zu sehen ist, die im Rahmen der spätantiken Verwaltung zum Einsatz kam. Mit ihrer Hilfe sollte eine verbesserte Bearbeitung der eingehenden Petitionen erzielt werden. Immer wieder überarbeitet und neuen Erfordernissen angepasst, wurde auf diesen Text auch in den kommenden Jahrhunderten zurückgegriffen.