Anna Vonnemann
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DAS BILD ALS OTIUM Die Bilder von Anna Vonnemann geben sich in ihrem Ensemblecharakter als Dekoration, die für einen individuellen Wohnraum als Bühnensituation konzipiert ist. Ist diese Bühne Lebensort, an dem man sich sinnlich-lustvoll zu Hause fühlt, so ist sie gleichzeitig Repräsentationsort, den man sinnlich-lustvoll vorzeigt. Wenn Anna Vonnemann das Rosenthema für ihre Ensembles wählt, so wählt sie zunächst das Thema der Schönheit. Es ist aber zugleich - ikonographisch und ideengeschichtlich gesehen - ein Motiv der Zurückgezogenheit und der Abgeschlossenheit. Wir kennen aus der Motivgeschichte den mittelalterlichen Garten und den hortus conclusus, in denen die Rosen ein fester und immer wiederkehrender Bestandteil waren. Sehen wir dieses Motiv frei von theologischen Gehalten, dann waren diese Gärten Orte des Rückzugs, Orte der Erholung, Orte der Abgeschlossenheit. Wenn dieser Gedanke in unsere heutige Welt zurückgeholt wird, dann bedeutet dies, dass die Kunst von Anna Vonnemann nicht nur einen dekorativen Aspekt besitzt. Ihre Bilder sind malerisch-technisch brillant ausgeführt und allein schon wegen ihres köstlichen Farbauftrages zu würdigen. Ihre Kunst bringt darüber hinaus aber auch die Kunst aus den Ebenen der idealistischen Weihetempel zurück in die Welt des realen Lebens und erhält damit eine Entlastungsfunktion, die dem antiken Gedanken des otium nahesteht - der Wunsch nach Ruhe, Entspannung und Muße. Der Genuss des antiken otium als Genuss der reinen und gesellschaftlich nicht belasteten Natur erfährt hier eine Übersetzung in den Genuss des Bildes. Die Rosenmotive in ihrem Ensemblecharakter, in ihrem unendlichen Rapport zeigen ein all-over, das einen architektonischen Raum als Erfahrungs- und Erlebnisraum definieren kann. Der Reiz von Anna Vonnemanns Bildern besteht im Beieinander von handwerklichem Können und intellektueller Reflexion, die dem Kunstwerk einen Funktionswert zuerkennt, der - historisch legitimiert - uns heute abhandengekommen ist. Also: das Kunstwerk als Inszenierung eines privaten Raumes für ein privatim, das als Bühne öffentlich werden kann für eine Gemeinschaft. Warum soll man sich vor Bildern nicht wohl fühlen dürfen