CALMANT
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„1883 geboren - ein uneheliches Kind - im Exil lebend - Frau eines Deutschen - Und was sonst noch?“ Diese Zeilen stammen aus einem Brief der französischen Malerin Marie Laurencin an ihrer Freundin Nicole Groult. Sie verfasste es während des Ersten Weltkrieges in Spanien, wo sie sich als Frau eines deutschen Barons im Exil aufhielt und ihr Leben und Werk in diversen Abständen reflektierte. Die Kette aus Selbstbekenntnissen, wie im oben geführten Zitat, knüpfte die Laurencin aus „toten Perlen“ welche sie als Machtmechanismus für die Konstruktion von neuen Identitätsentwürfen, im literarischen Feld einsetzte. Marie Laurencin wurde am 31. Oktober 1883 als uneheliches Kind geboren. Dieses soziale Stigma löste eine ganze Reihe an kreativen Identitätsentwürfen bei ihr aus und trieb sie in diverse räumliche und Kunst_ Exile. (...) In einigen Textpassagen aus Laurencins Tagebuch konnte ich auch meine eigenen, durch die Flucht vom Krieg am Balkan in den 1990-ern nach Österreich entstandenen und dann „verschleierten“ Ängste und Leiden erkennen. Im Verschwinden von allem was mir vertraut war gruben sich die Plätze für Neues: in kleinen und großen Wunden und in Umrissen einer Geschichte die meine ist. Plötzlich musste ich eine Existenzberechtigung in allen Seins-Räumen ablegen. Nichts mehr war „selbstverständlich“ und nichts hatte Geltung für sich. Eine kreative Wut trieb mich dazu, mit Pinsel, Stift und Tanz ein vertrautes Gesicht wieder herzustellen. (...) Wir sind alle mehr oder weniger von diversen „Stigmatisierungs-Problematiken“ umgeben. Herkunft ist immer noch ein Machtmechanismus, durch welchen gesellschaftliche Positionierungen erzeugt werden. Welche Möglichkeiten der Selbst(er)findung entdecken wir in Kunst_Exilen von Laurencin? In einer Collage aus Zitaten, Gedichten, Bild- und Textanalysen weise ich auf die Interdependenz zwischen Herkunftsproblematik und künstlerischer Arbeit, als eine Form der Selbstbestimmungspraxis hin.