Das Französische als Pinguin unter den Diglossien?
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Die Behandlung des français parlé und des français écrit hat in der Romanistik eine lange Tradition. Dabei ist zu beobachten, dass die beiden übergeordneten Varietäten des Französischen je nach zeitlichem und regionalem Hintergrund der Autoren unterschiedlich beschrieben bzw. zueinander ins Verhältnis gesetzt werden – häufig unter Einbezug weiterer sprachlicher Register. In der vorliegenden Arbeit wird dafür argumentiert, dass sich das Paradigma der Diglossie gut eignet, um die Beziehung zwischen konzeptionell gesprochenem und konzeptionell geschriebenem Französisch darzustellen. Dabei wird ein prototypisches Kategorienverständnis zugrunde gelegt, das aus der Kognitionslinguistik inspiriert ist und dem Vorgang menschlichen Kategorisierens besser entspricht als eine dichotome Zuweisung. Die theoretische Argumentation wird gestützt durch eine empirische Analyse für den Bereich der Lexik, weil auf grammatikalischer Ebene bereits zahlreiche Untersuchungen vorliegen. In einer tiefensemantischen Diskursanalyse auf der Basis eines YouTube-Korpus wird aufgezeigt, dass das zeitgenössische Französisch geprägt ist durch die regelmäßige Verwendung eines gesprochen-unmarkierten Alltagswortschatzes, der – im Zusammenspiel mit grammatischen und lautlichen Phänomenen – konstitutiv für das français parlé ist. Aus der Gesamtheit der konzeptionell gesprochenen Merkmale in Abgrenzung zu den konzeptionell geschriebenen ergibt sich schließlich der diglossische Charakter des zeitgenössischen Französisch. Es verfügt über kein ‚neutrales‘ Register, sondern legt jegliche Art der Kommunikation durch das Auftreten hochfrequenter Indikatorelemente rasch auf eines der beiden Grobregister fest.