Ökologische Einbildungskraft
Autoři
Více o knize
Die Herausbildung der Ökologie als wissenschaftlicher Disziplin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte nicht nur eine naturgeschichtliche Empirie voraus, die es ermöglichte, Relationen zwischen Organismen und ihrer konkreten Umgebung zu beschreiben, sondern auch ein Repertoire an Metaphern und Modellen zur Interpretation dieser Relationen. Die Begriffs- und Imaginationsgeschichte von ökologischen Konzepten wie denen des Haushalts, des Kreislaufs, des Organismus oder des Milieus reicht zurück in die Naturphilosophie des 17. bzw. 18. Jahrhunderts und ist eng verflochten mit religiösen, gesellschaftstheoretischen und ästhetischen Diskursen. Privilegierte Medien ökologischer Imagination sind die Literatur und die bildenden Künste. Anknüpfend an aktuelle Diskussionen des Ecocriticism befasst sich der vorliegende Band mit historischen Konstellationen, in denen Ökologie, Literatur und Kunst in fruchtbaren Austausch miteinander treten. Mit seinen genauen Analysen der Rolle von Sprache, Metaphorik und Imagination bei der Erkenntnis und Beschreibung ökologischer Relationen bietet er, chronologisch geordnet, unterschiedliche Einblicke in markante historische Konstellationen. Im Zentrum stehen dabei Imaginationen von Wasserwelten: als Beispiele und Modelle für Ökosysteme, als Gegenstand technischer Beherrschung, als kulturhistorisch bedingte und politisch aufgeladene Sehnsuchtsbilder, als Dystopien der Umweltzerstörung und als literarische Tropen für eine Aushandlung des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur. Zur Diskussion steht dabei nicht zuletzt die Frage nach den Möglichkeiten einer Verbindung von Ästhetik und Umweltethik. Aus dem Inhalt: Monika Fick und Caroline Torra-Mattenklott: Einführung; Alexander Košenina: „Schreck-Bild“: Brockes imaginiert die Gefahr einer Seenot; Sybille und Uwe Heidenreich: Die Korrektion der Natur. Zur Imaginationsgeschichte der Rheinbegradigung; Yashar Mohagheghi: Von der Kraftästhetik zur Öko-Mnemopoetik. Hölderlins Stromlyrik im Kontext (Herder, Goethe, Stolberg); Sergej Rickenbacher: Zwischen Urwald und Fluss: Ökologie und Mythopoetik bei Alexander von Humboldt und Robert Müller; Astrid Schwarz: Ökologische Einbildungskraft: Auf den Spuren der wilden Hypothese ‚Wasser ist Leben‘; Sabine Wilke: Endstation Meer oder Die unendliche Fahrt zum Müllstrudel. Zur kulturellen Imagination von Ölkulturen und ihrer rhetorischen Figurierung; Wulf Kellerwessel: Fiktionale Texte, literarische Erkenntnis und diskursethische Umweltethik.