Psychische Bedingungen der Entwicklung und Aufrechterhaltung des Migräne-Syndroms
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Eine Frau geht nach einem anstrengenden Arbeitstag in eine Kunstausstellung, um sich zu erholen. Der Künstler ist anwesend und beginnt sofort, der Frau seine Werke zu erklären und von ihr Stellungnahmen zu erfragen. Sie ist freundlich zu ihm und beantwortet ihm seine Fragen und gibt sich aufmerksam und interessiert. Nach zwei Stunden schließt die Galerie, und die Wege der beiden trennen sich wieder. Auf dem Weg nach Hause beginnt ein 24-stündiger Migräneanfall. Was ist passiert? Wenn wir, die wir uns als „normal“ bezeichnen, uns in einer solchen Situation befinden, werden wir wahrscheinlich besser für uns sorgen als für den Künstler und, je nach Temperament, uns unter Vorwänden entfernen oder höflich, aber nachdrücklich eine Zurückweisung aussprechen und sogar ehrlich sagen, wie wir uns fühlen. Offenbar lässt die Erziehung der Frau aus unserem Beispiel eine solche Reaktion nicht zu. Es gilt wohl als unhöflich, jemanden zurückzuweisen, und ist daher tabu. So entsteht in der beschriebenen Situation ein innerpsychischer Konflikt zwischen Selbstkontrolle mit der Vorschrift „Du darfst niemanden vor den Kopf stoßen!“ und dem vitalen Bedürfnis nach Ruhe. Ein solcher Konflikt ist exakt gleichzusetzen mit „psychischem Stress“. Die körperlichen Prozesse sind, extrem verallgemeinert, eine starke einseitige Auslenkung der sympathischen Prozesse, also die Einschränkung der Verdauung, ein Anstieg des Blutdrucks, die Verengung der Arterien, insbesondere derjenigen im Schädel u. v. m.