Professoren und Universitäten im 19. Jahrhundert
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Die Geschichte der »klassischen« deutschen Universität begann mit der Berliner Universitätsgründung 1810. Marita Baumgarten legt erstmals eine wissenschaftliche Analyse des Systems der »klassischen« deutschen Universitäten im 19. und frühen 20. Jahrhundert vor. Sie geht der Frage nach, welche Universitäten zentrale Veränderungsprozesse anführten und in welcher Reihenfolge die anderen folgten. Methodisch handelt es sich um eine sozialgeschichtliche Kollektivbiographie der Lehrstuhlinhaber, der Leitfiguren dieses Systems. Untersucht werden die Philosophischen Fakultäten von zwei großen (Berlin/München), zwei mittleren (Göttingen/Heidelberg) und zwei kleinen Universitäten (Kiel/Gießen), jeweils einer preußischen und einer nicht-preußischen. Zunächst wird die Entwicklung neuer Fächer und Lehrstühle an den einzelnen Universitäten und an den Universitäten im Vergleich behandelt. Anschließend verfolgt Marita Baumgarten den Wandel vom enzyklopädischen Gelehrten zum spezialisierten Wissenschaftler und die daraus folgende Veränderung der Berufungspraxis: Entscheidend für die Berufung auf einen Lehrstuhl war nicht mehr die Herkunft, sondern die wissenschaftliche Leistung. Dies führte zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Universitäten; sie traten aus ihrer Vereinzelung heraus und wurden Teil eines Systems. Eine Prestigeanalyse macht eine Hierarchie von Universitäten sichtbar. Die Berliner Universität führte keineswegs alle universitätsgeschichtlichen Entwicklungen an, nahm aber doch den ersten Rang im Universitätssystem ein. Von einer generellen Vorrangstellung der preußischen Universitäten kann aber nicht die Rede sein. Es bestand vielmehr ein echter Wettbewerb zwischen den deutschen Universitäten. Das sicherte die Funktionsfähigkeit des Systems und war eine entscheidende Voraussetzung der Blüte der deutschen Universitäten im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.