Mimesis und Theatralität
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Der Mimesisbegriff spielt in der aktuellen kulturwissenschaftlichen Diskussion eine zentrale Rolle. Dabei steht allerdings nicht mehr der ästhetische Begriff der Nachahmung im Vordergrund. Mimesis erscheint vielmehr anthropologisch als Verhaltensweise, die die fixe Gegenüberstellung von Mensch und Natur, Subjekt und Objekt, Ich und Anderem auflöst. Die Autorin beschreibt den Bedeutungswandel von Mimesis aus der Mitte der modernen kulturellen Entwicklung, wie sie im Theater auf dem Theater nach 1900 reflektiert wird. In dem Zusammenbruch der dramatischen Repräsentation und in der Profilierung der spezifischen Medialität des Theatermediums, der Entdeckung der „Theatralität“, zeichnet sich zugleich der Wandel der Mimesis ab. Mimesis erhält eine neue Bedeutung, wo die Negation des literatur- und sprachzentrierten bürgerlichen Theaters und die Stärkung der Theatralität die herkömmliche Hierarchie der Wirklichkeiten aufsprengen. In Texten von Antonin Artaud, Walter Benjamin, Hermann Broch, Alfred Döblin, Curt Goetz, Else Lasker-Schüler, Luigi Pirandello, Arthur Schnitzler und Frank Wedekind werden elementare mimetische Qualitäten sichtbar. Destabilisierende, magische, adaptive und gestische Aspekte mimetischer Prozesse treten an die Stelle von „Nachahmung“. Dieses Ineinander von Mimesis und Theatralität im Theater auf dem Theater reflektiert die moderne „Krise der Repräsentation“ und experimentiert mit ihr: ein literarisches Spiel als Beitrag zur Bestimmung von Moderne.