Der Notstand in den letzten Jahren von Weimar
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Trotz aller Anstrengungen konnte bisher kein Konsens darüber hergestellt werden, wie der Einsatz der Notstandsgewalt 1930 bis 1933 - das wichtigste Rechts- und Machtinstrument in der entscheidenden Schlußphase vor dem düstersten Kapitel der deutschen Geschichte - zu bewerten ist. Der Gegenstand selbst scheint sich einer objektiven Bewertung zu entziehen. Im Notstand setzt sich der Handelnde über das Recht hinweg, um das Recht zu retten. Ein unheilvolles Dilemma: Wer das Recht bricht, vernichtet es und rettet es nicht. Aber: Wer es weiter anwendet, fiat iustitia, pereat mundus, beschleunigt den Untergang, vor dem er doch bewahren will. Peter Blomeyers anzuzeigende Arbeit rückt, rechts- und geschichtswissenschaftliche Betrachtung verbindend, diesem Dilemma zuleibe, indem sie ein überpositives Notstandsrecht als einheitlichen rechtstheoretischen Maßstab entwickelt, an dem Recht, Lehre und Praxis des Notstands in den Jahren 1930 bis 1933 neu vermessen werden. Dabei stellt sich heraus, daß es nicht das Recht, nicht der vielgescholtene Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung war, der den Weg in den Untergang gewiesen hat. Erst die herrschende Staatsrechtslehre, in ihren Absichten verfassungstreu, im echten Notstand aber hilflos, erlaubte in der Verfassung- und ihrer eigenen Not - die Verformung durch die Staatspraxis Brünings, welche nicht einmal zuvörderst der Rettung der Verfassung galt. Paradox ist, daß eine andere, weitaus kraftvollere Lehre der Zeit entgegen den Absichten ihres Begründers Carl Schmitt die Verfassung womöglich hätte retten können; nur gab es nach Brüning keinen mehr, der sie zu diesem Zwecke hätte nutzen mögen. Ungeschützt verfiel der Verfassungsstaat seinem Todfeind.