Organisationsgestaltung durch explizite Verhaltensnormen
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Effiziente und effektive Informationsverarbeitung in Organisationen erfordert Koordination und Steuerung der Abläufe. Informationen können in unterschiedlichster Weise in Form von E-Mails, Briefen, Telefonaten etc. in der Organisation auftreten: Von strategischen Fragestellungen im Management, über das Kerngeschäft wie bspw. das Bearbeiten von Anträgen oder Leistungserstattungen bei Versicherungen bis hin zu Informationen in unterstützenden Geschäftsbereichen wie Anforderungen an IT-Systeme. Beschränkte Verarbeitungskapazität führt zu dezentralisierter Informationsverarbeitung und Verteilung auf eine größere Anzahl von Organisationsmitgliedern. Es stellt sich die Frage, wie die dezentrale Informationsverarbeitung innerhalb von Organisationsstrukturen sowie die benötigten Ressourcen koordiniert werden müssen. Verschiedene formal-analytische Ansätze (z. B. Radner 1992, van Zandt 1999, Thiel 2009) beschäftigen sich im Rahmen der dezentralen Informationsverarbeitung mit der Ermittlung der optimalen Anzahl an Organisationsmitgliedern und deren hierarchischer Strukturierung hinsichtlich optimaler Leitungsspanne und Hierarchietiefe. Bei diesen und weiteren Ansätzen liegt der Fokus meist auf dem Organisationsaufbau. Nur wenige formal-analytische Ansätze (bspw. Pattipati 2007) untersuchen Informationsverarbeitungsregeln bzw. den Ablauf von organisatorischen Prozessen und Regeln. Hier setzt die vorliegende Arbeit an und kombiniert die formal-analytischen Ansätze der dezentralen Informationsverarbeitung mit warteschlangentheoretischen Ansätzen in Form einer agentenbasierten Simulation. Die Zielsetzung der Arbeit ist die Untersuchung expliziter Verhaltensnormen in Form definierter Kombinationen von Informationsverarbeitungsregeln zur effizienten und effektiven Verarbei-tung von Informationen. Nach der Entwicklung eines formal-analytischen Modells und der Umsetzung eines agentenbasierten, stochastischen und dynamischen Simulationsmodells werden die in der vorliegenden Arbeit entwickelten Regelkombinationen sowie aus der Literatur etablierte Parameterkombinationen simuliert. Erstmals können durch die Anwendung der agentenbasierten Simulation individuelle Regel- und Parameterkombinationen untersucht werden, um durch die dezentrale Informationsverarbeitung der einzelnen Organisationsmitglieder auf die effizienteste Form der Zusammenarbeit im Sinne von Struktur und Ablauf zu schließen. Im Wesentlichen abhängig von der Belastung der Organisation ist es sinnvoll, Informationen entweder umgehend im Management zu bearbeiten oder umgehend zu delegieren und möglichst viele Organisationsstellen einzubinden. Neben rein explizit formulierten Re-gelkombinationen werden auch bedingte Regelkombinationen definiert, die dem Management mehr Flexibilität in der Verarbeitung gewähren. Zusätzlich zur Zielgröße der durchschnittlichen Gesamtverarbeitungszeit von Informationen werden weitere Leistungsindikatoren der Organisation wie Auslastungs- und Erledigungsgrad analysiert. Durch die Variation der Hierarchieform über die Leitungsspanne werden entscheidende Einflussgrößen auf Verhaltensnormen wie bspw. Kapazitäten in administrativen und produktiven Hierarchieebenen auf die Gestaltung von Organisationsstrukturen herauskristallisiert.