Ungleichverteilung als soziales Problem
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Beim Blick auf die Führungsetagen deutscher Unternehmen zeigt sich ein merkwürdiges Paradox. Während Aktivist*innen und Fachleute seit über 30 Jahren den geringen Anteil von Frauen beklagen, sind die leitenden Positionen bis heute eine der stärksten männlich dominierten Bereiche der deutschen Wirtschaft. Zumindest im Bereich der Aufsichtsräte regelt seit 2015 ein Gesetz den Mindestanteil von Frauen. In ihrer Studie untersucht Solveig Roscher den Problematisierungsprozess des geringen Frauenanteils in Führungspositionen der deutschen Privatwirtschaft seit 1994. Anhand der Analyse des öffentlichen Diskurses relevanter Akteur*innen wird der Problematisierungsprozess auf zwei Ebenen beleuchtet. Einerseits erfolgt eine chronologische Untersuchung seines Verlaufs. Andererseits werden Argumentationsweisen für geforderte politische Maßnahmen auf einer inhaltlichen Ebene in den Blick genommen. Dabei zeigt die Studie zwei zentrale Ergebnisse: Die öffentliche Problematisierung der geringen Anzahl an weiblichen Führungspositionen verlief nicht linear, sondern benötigte mehrere Anläufe, bis eine rechtlich bindende Maßnahme verabschiedet wurde. Zusätzlich veränderten sich die Argumentationsweisen für eine Quotenregelung im Bereich der Führungspositionen im untersuchten Zeitraum mehrfach. Seinen Abschluss fand der Diskurs vorerst in dem Beschluss der ‚Frauenquote‘ im März 2015. Die untersuchte Debatte über die Unterrepräsentanz von Frauen in führenden Positionen lässt sich deshalb als einen Diskurs begreifen, welcher bereits eine Verrechtlichung erfahren hat. Gegenwärtig finden auch in anderen Bereichen der Gesellschaft, wie beispielsweise die Debatte um die Besetzung von Wahllisten, Auseinandersetzungen über Quotenregelungen statt. Ausgehend von der Analyse des untersuchten Diskurses lassen sich Problematisierungsprozesse von Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in diesen Bereichen besser verstehen.