Ein Jahr am Meer
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'Ich hörte ein Prusten und Schnauben, tauchte und schwamm in tieferes Wasser. Die Robben waren da - nicht eine, sondern viele! Sie schienen jetzt Vertrauen zu mir gefaßt zu haben. Auf jeden Fall lösten sie in mir einen Augenblick des Selbstvertrauens aus. Ich wagte es, ein bißchen näher zu schwimmen, denn sie zogen mich an wie ein Magnet. Ich unterlag ihrem Zauber und begann sie nachzuahmen, tauchte, ließ mich von den Wellen wiegen, ließ mich treiben - die Robben und ich, zeitlos im Raum.' Etwa im Alter von 50 - die Söhne sind aus dem Haus, die Ehe ist eher von Gleichgültigkeit geprägt, das Leben geht seinen Gang - tut Joan Anderson etwas, das für alle, nicht zuletzt sie selbst, völlig überraschend ist. Ohne einen äußeren Anlaß dafür zu haben, folgt sie ihrem Mann nicht zu seinem neuen Job an die Westküste, sondern reist ans Meer, ans Cape Cod, wo die Familie ein kleines Cottage hat. Sie tut es, weil sie einen neuen Lebensrhythmus finden will, und taucht mit einigen Befürchtungen, aber auch entschlossen in die neue Erfahrung ein - nicht ohne sich selbst gelegentlich zu fragen, ob sie nicht einfach ein verwöhntes Gör sei. Mit Robben zu baden, im dichtesten Nebel spazieren zu gehen und eine Bekanntschaft zu machen, Fische zu verkaufen und Muscheln zu suchen für den Lebensunterhalt, allein ihren eigenen Bedürfnissen zu folgen: Neugierig und nie frei von Selbstzweifeln meistert Anderson die Herausforderungen der selbstgewählten Einsamkeit. Sie gewinnt eine neue Sicht auf ihre scheinbaren Unvollkommenheiten, begreift das Leben als work in progress. Selbstbewußt und ohne das Gefühl, stets für alles verantwortlich zu sein, kann die Autorin wieder auf ihren Mann zugehen, als dieser beschließt, bei ihr im Cottage zu wohnen.