Zwischen Religion und Staat
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Die jüdischen Gemeinden in der preußischen Rheinprovinz, die im 19. Jahrhundert eine der fortschrittlichsten Regionen Deutschlands bildete, waren vergleichsweise früh den sozialen und ökonomischen Veränderungen des 19. Jahrhunderts ausgesetzt. Sie verdienen als Pioniere der Modernisierung auch deshalb besondere Aufmerksamkeit, weil sie infolge der Expansion des revolutionären Frankreichs um 1800 als erste Juden in Deutschland die rechtliche Gleichstellung erhielten. Diese bewirkte unter anderem die Aufhebung der traditionellen Gemeindeautonomie, welche die Juden bisher als separate Minderheit charakterisiert hatte. Wie sich das jüdische Gemeinschaftsleben angesichts dieses Umbruchs arrangierte und welche Maßnahmen zur Neugestaltung der Gemeindeinstitution getroffen wurden, ist Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Ihren Rahmen bilden die besonderen Bedingungen der nördlichen Rheinprovinz vom Beginn der preußischen Herrschaft im Jahr 1815 bis zur Emanzipation der Juden im Deutschen Reich. Zu dieser Zeit lebte die überwiegende Mehrheit der rheinischen Juden auf dem Lande oder in Kleinstädten, wo sie ein eher bescheidenes Auskommen fanden. In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts setzte ein Prozess der Konsolidierung und Modernisierung dieser Gemeinden ein, der mit der gesetzlichen Neuregelung ihrer Verfassung zusammentraf. Der umfassende Emanzipationsprozess und die damit einhergehende Integration der Juden in die entstehende bürgerliche Gesellschaft hatten demnach nicht die Auflösung der jüdischen Gemeindeinstitution zur Folge, sondern deren flexible Neugestaltung.