Entwurfsstrategien
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Im konstruktiven Ingenieurbau wird, anders als in der Architektur, die Frage nach einem „Stil“ oder einer „persönlichen Handschrift“ nicht gestellt - wenn sie überhaupt zugelassen wird: dem Ingenieurwesen haftet die Wesensart der Unabhängigkeit von Person und Gesellschaft, aber auch der Einschränkung durch die vermeintlich dominierende Objektivität an. Diese Arbeit begibt sich auf die Suche nach dem Subjektiven im konstruktiven Ingenieurbau. Ausgangspunkt hierfür sind Einzelbauwerke, deren Eigenständigkeit eine deutlich erkennbare Verbindung zwischen Bauwerk und Entwurfsautor herstellt. Voraussetzung für deren systematische Analyse ist die Öffnung der klassischen Ingenieurwissenschaften für die Methoden der gestaltbildenden Disziplinen, bei denen die Koexistenz mehrerer Lösungen, welche unter bestimmten Aspekten gleichwertig sein können, so alltäglich ist wie damit verbundene subjektive Setzungen im Sinne nicht objektivierbarer Entscheidungen. Gleichzeitig sind die „objektiven“ rechnerisch-quantitativen Verfahren der Strukturbewertung und -optimierung ein wesentliches Werkzeug für die vergleichende Analyse. Der Entwurf einer Kategorisierung des konstruktiven Ingenieurbaus im 20. Jahrhunderts anhand von herausragenden Beispielen großer Eigenständigkeit spannt das Forschungsfeld der vorliegenden Arbeit auf. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der detaillierten Analyse einzelner Beispiele, die anhand der aus statisch-konstruktiver Sicht gestellten Entwurfsaufgabe zusammengefasst werden. Damit wird es ermöglicht, die subjektive, singuläre Haltung des Entwurfsautors von den objektiv zu treffenden Entscheidungen zu lösen und die Entwurfshaltung, die zu einem eigenständigen Werk führt, herauszufiltern. Methoden der Bewertung und Optimierung werden eingesetzt, um rechnerisch-quantitative Aspekte aufzuzeigen und von nicht objektivierbaren Entwurfsansätzen zu isolieren. Untersucht werden folgende Beispiele: - Der Entwurf von Trägerformen am Beispiel einer Brücke, anhand deren Querschnittskontur die Existenz mehrerer gleichwertiger Lösungen aufgezeigt wird; - Die Entwurfsaufgabe der punktgestützten Platte am Beispiel der Decke der Wollfabrik Gatti von Pier Luigi Nervi, anhand derer aufgezeigt wird, dass dieses Gebäude, dessen Qualität bislang mit der aus objektiven Gesichtspunkten abgeleiteten Geometrie begründet wurde, seine Ästhetik tatsächlich aus der Integration subjektiver bildhafter Vorstellungen bezieht; - Die Komposition räumlicher Stabwerke durch vergleichende Analyse der Konstruktionsprinzipien von vier Zeitgenossen, die unterschiedliche Herangehensweisen und Entwurfsmethoden bei einem gemeinsamen Ziel - dem Entwurf leichter Konstruktionen - gegenüberstellt.