Eine fremde Welt
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Der Raum spielt im Werk Eduard von Keyserlings eine zentrale Rolle: Er konstituiert nicht nur die erzählte Welt, sondern macht zugleich das Lebensgefühl der in ihr lebenden Menschen deutlich. Es ist das Lebensgefühl von Ungeborgenheit und Angst - immer wieder erleben die Figuren ihre Umgebung als fremd und unheimlich. Die Verfasserin legt die Gründe dafür dar und untersucht zunächst die Bedeutung der topologischen Ordnung für die Figuren. Dabei werden erstmals auch Erzählungen des baltischen Autors untersucht, die von der Forschung bislang übergangen wurden wie „Das Landhaus“, „Föhn“ und „Osterwetter“ sowie der erst kürzlich wieder entdeckte Text „Geschlossene Weihnachtstüren“. Die Grundstruktur der erzählten Welt bilden die beiden Bereiche „drinnen“ und „draußen“, die von den Figuren als vertrer „Kosmos“ und fremdes „Chaos“ erlebt werden. Die Studie macht deutlich, wie Keyserling diesen räumlichen Gegensatz variantenreich einsetzt, um bestimmte Verhaltensweisen seiner Menschen zu entlarven: die Verbannung alles Unerwünschten nach „draußen“, um sich „drinnen“ geborgen zu fühlen. Zeitgleich mit den Entdeckungen Sigmund Freuds entlarvt Eduard von Keyserling die Dialektik solch einer Ausgrenzung und zeigt: Das Unerwünschte bleibt nicht „draußen“, sondern erobert sich den vertren „Kosmos“ und macht ihn fremd und unheimlich. Die Raumdarstellung wird bei Keyserling letztlich zur Chiffre für das Verhältnis des modernen, aufgeklärten Menschen innerhalb der westlichen Zivilisation zu sich selbst. Auf diese Art kritisiert der Autor die einseitige Entwicklung seiner Kultur, die den Menschen vor allem als Vernunftwesen begreift und dessen „andere Seite“ aus dem Welt- und Menschenbild mehr oder weniger verbannt. So machen seine Erzählungen vor allem eines deutlich: Der moderne Mensch züchtet sich seine eigene fremde Welt.