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Ernst Stadler (1883-1914) verkörperte ein geistiges Europa, das seiner Zeit weit voraus war. Schon früh fühlte er sich zur französischen Literatur hingezogen und dachte republikanisch. Nach Studienjahren in München und Straßburg ging er nach England, um in Oxford an seiner Habilitation über Wielands Shakespeare-Übersetzungen zu arbeiten. Anschließend wurde er Dozent an der Universität Brüssel, wo er deutsche Philologie lehrte und französische Literatur übersetzte. Sein lyrisches Schaffen schloss sich dem international gesinnten Kreis um die expressionistische Zeitschrift 'Aktion' an. Nach den Schüssen von Sarajevo erlebte er die Fatalität des alten Europa am eigenen Leib: Als Offizier musste er bereits am ersten Mobilisierungstag einrücken und fiel nach drei Monaten in der Schlacht um Ypern. Von seinem kurzen Leben bleibt ein schmales lyrisches Werk, das zum Kernbestand des frühen Expressionismus zählt. Nach den symbolistischen Anfängen seines ersten Gedichtbandes 'Präludien' (1904) schlug er neue Wege ein. Mit frei-rhythmischen Langzeilen und der Vitalität seiner Bilder sprengte er das Korsett des gebundenen Verses, ohne dem klischeehaften 'Oh Mensch'-Pathos zu verfallen. In seinem Band 'Aufbruch' (1914) steht die Ahnung einer nahen Apokalypse neben glühender Daseinshoffnung. Albert M. Debrunner füllt mit Stadlers Biographie eine große Lücke der Literaturgeschichtsschreibung und entwirft das Panorama einer ganzen Epoche.
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Ernst Stadler, Albert M. Debrunner
- Jazyk
- Rok vydání
- 2022
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