Der Jude und das Mädchen

Die lückenlos dokumentierte Geschichte einer Freundschaft zwischen der jungen, attraktiven Fotografin Irene Scheffler und dem jüdischen Kaufmann Leo Katzenberger. Hitlers willige Vollstrecker im Häuserblock sorgen dafür, dass er hingerichtet wird und sie ins Zuchthaus kommt. Auch nach dem Krieg findet sie vor deutschen Gerichten keine Gerechtigkeit. Eine Geschichte von Mut und Freundschaft, aber auch von Feigheit und Schuld. Nürnberg 1932: Die junge, lebenslustige Fotografin Irene Scheffler übernimmt ein Atelier in einem Mietshaus, das Leo Katzenberger gehört, einem älteren Kaufmann und Freund ihres Vaters, der Katzenberger gebeten hat, der gerade Zweiundzwanzigjährigen väterlich zur Seite zu stehen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine herzliche Freundschaft, die bei den Hausbewohnern Neid und Mißtrauen erregt. Mit der Zeit sammelt das ganze Haus „Indizien“ gegen das ungleiche Paar, von Winkzeichen am Fenster ist die Rede und von Küssen auf dem Treppenflur. Die Mißgunst wird zu einer tödlichen Bedrohung, als 1935 Beziehungen zwischen jüdischen und „arischen“ Bewohnern durch das „Blutschutzgesetz“ verboten werden. Die Nachbarn plaudern Einzelheiten an den Blockwart aus, jemand denunziert die beiden. In einem Schauprozeß verurteilen NS-Richter den Kaufmann, obwohl es für ein Liebesverhältnis keinerlei Beweise gibt, wegen sogenannter „Rassenschande“ zum Tode, die Fotografin kommt ins Gefängnis. Nach dem Krieg wird der Mordfall von keinem deutschen Gericht gesühnt. Auch für die Fotografin, die mittlerweile in der DDR lebt, gibt es keine Gerechtigkeit. Aus Gerichtsakten, Vernehmungsprotokollen, internen NS-Berichten und Interviews mit Zeitzeugen hat Christine Kohl diese Geschichte einer deutschen Denunziation detailgenau rekonstruiert und erzählerisch geordnet. Sie gibt einen ungewöhnlich spannenden Einblick in das Alltagsleben der gewöhnlichen Deutschen in der Nazi-Zeit - Hitlers Helfer im Wohnblock enttarnen sich als Komplizen des Terrors.