Im Dunkeln singen
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»Luise Rinser bleibt sich treu«: Immer wieder taucht dieser Satz in der Ankündigung eines neuen Buches der unermüdlichen und unerschrockenen Autorin auf; immer wieder bestätigt sie ihn in der Auseinandersetzung mit der Welt und mit den Menschen, mit dem Tag und der Zeit. Dieser Treue ist nicht starr. Sie bedingt Mitgehen und Entgegentreten. Die geborene Schriftstellerin, Erzählerin begnügt sich nicht mit dem l’art pour l’art. Schreiben und Handeln, Reagieren und Agieren sind ihr eins. Der Standpunkt mag im Laufe der Jahre sich verändern wie in der inneren Verfassung und Gestimmtheit der Anteil von Hoffnung und Verzweiflung. Luise Rinser ist leidenschaftlich, sogar schonungslos: Sie schont sich selber nicht, aber ihr oft sich regender kämpferischer Zorn und die Strenge ihres Urteils, ihrer Polemik werden überwogen von ihrer Sorge um den Menschen, ihre Menschenliebe. Diese ist die Treibkraft ihrer Arbeit, ihrer Existenz. 1970 publizierte Luise Rinser den band ›Baustelle‹, eine Art Tagebuch. Mit ihm hatte sie ihre eigene Form der Aussage zu Aktuellem und weiterhin Geltendem gefunden. Es folgten 1972 ›Grenzübergänge. Tagebuch-Notizen‹ (Niederschriften aus den Jahren 1970-1972), 1978 ›Kriegsspielzeug. Tagebuch 1972-1978‹, 1982 ›Winterfrühling. 1979 bis 1982‹. Ihm schließen sich nun Notizen, Reflexionen, Reden, Impressionen, geschlossene Prosastücke an, in denen sich neue Beobachtungen und Erlebnisse niedergeschlagen haben. Sie sind vereint unter vertrautem Gesamtnenner, ihr schwermütiges Grundgefühl klingt im Titel an. Reisen in den USA und in der DDR, eine Friedenskonferenz in Indien, Friedensfeste, Friedensdemonstrationen in unserem Lande, von der Autorin geäußerter, von ihr hervorgerufener Protest, Kandidatur zur Bundespräsidentenwahl, philosophische Lektüre, Gesichter und Landschaften, empörter Widerspruch und »Rühmen, Danken«. Temperamentvoll, charaktervoll bringt Luise Rinser zum Ausdruck, was und wie sie denkt, was und wie sie fühlt in jener Sorge um den Menschen, um Natur und Kreatur.