Gottfried Benns "Karyatide". Liebe und Erotik als Formen regressiven Rauschgefühls zur Entrückung des Ichs
Autoři
Více o knize
Studienarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Bergische Universität Wuppertal, Sprache: Deutsch, Abstract: Rausch, Ekstase, Trance- Themen, die sowohl in Gottfried Benns Privatleben als auch in seinem literarischen Werk stets eine wichtige Rolle gespielt haben. In vielen Werken Benns, mit denen er an der gesellschaftlichen, politischen und historischen Realität seiner Zeit Kritik übt, dienen die rauschhaften und ekstatischen Erlebnisse als eine Art Erlösung aus dem determinierten Dasein der Menschheit. Durch den rauschhaften Zustand wird eine Entgrenzung des Ichs, das heißt eine Regression des Ichs in den Urzustand, hervorgerufen. Der Mensch ist während dieser rauschhaften Erlebnisse in der Lage sich aus seinem determinierten Ich zu befreien, zu einem neuen Dasein zu gelangen und für einen Moment lang den Zwängen der Gesellschaft zu entfliehen. In Benns Werken tritt der regressive Rausch in unterschiedlichen Ausprägungen und Varianten auf, die Martina Koch in ihrem Aufsatz Funktion von Ambivalenz und Rausch im Werk Gottfried Benns zusammengetragen hat. So beschreibt Benn in einigen Gedichten rauschhafte Zustände, die beispielsweise durch die Kunst oder die Natur ausgelöst wurden, während es in dem Gedicht Karyatide,zur Evokation eines dionysischen Rausches kommt. Das Gedicht lässt sich der erotischen Dichtung zuordnen, was nicht zuletzt daran liegt, dass Dionysos, der griechische Gott des Weines, der Ekstase, der Lust und der Fruchtbarkeit, als zentrales Symbol dieses Gedichtes dient. Benn bedient sich also in diesem Gedicht, wie in vielen anderen seiner Werke, an Bildern und Gestalten der griechischen Mythologie und verarbeitet, beeinflusst durch Nietzsche, die Spannungen zwischen dem apollinischen und dem dionysischen Kunstprinzip. Nietzsches Einfluss auf Benns literarisches Schaffen war groß, was es unerlässlich macht dessen Philosophie und besonders die zwei zuvor genannten und,durch ihn bekannt gewordenen Kunstprinzipien näher zu beleuchten. Außerdem interessiert uns, wo genau Benn sich zwischen den Polen des Apollinischen und des Dionysischen in seiner Dichtung des expressionistischen Jahrzehnts positioniert hat.