Die Einladung, im Rahmen der mit namhaften Referenten besetzten Vortragsreihe „Colloquium Benedictinum“ 2000 den im Gemeindesaal der Abtei St. Bonifaz, München, aushängenden Benedictus-Gobelin der Sr. Deocara Maria Diepold OSB zu interpretieren, war eine große Ehre, gleichzeitig aber auch eine große Herausforderung für die Autorin Waltraud Pratter-Rudolph († 2012). Der vorliegende Band macht diesen Vortrag nun – reich bebildert und um wenige zusätzliche Informationen ergänzt – einer breiteren Öffentlichkeit in Buchform zugänglich und vollendet damit die Publikationsreihe über die drei größten und bedeutendsten Gobelins der Sr. Deocara – auf Schloss Zeil, in der Abtei St. Stephan, Augsburg und eben in St. Bonifaz, München. Erneut ist es das Hauptanliegen der Autorin, den Gobelin über das genaue Hinschauen und Erspüren der Bildinhalte, der ikonographischen Umsetzung und der künstlerischen Schönheit für den Betrachter im besten Sinne des Wortes zu einem „spirituellen Kunst-Erleben“ werden zu lassen.
Waltraud Pratter Rudolph Knihy


Der Passions-Gobelin in der Stiftskirche von Schloss Zeil (bei Leutkirch im Württembergischen Allgäu) hinterlässt einen überwältigenden Eindruck. Jährlich zur Passionszeit wird der 1937 gewebte Bildteppich-Fries (12 m breit, 1,70 m hoch) über der Brüstung der Fürstenempore angebracht und beansprucht die gesamte Breite des Kirchenschiffs. Die strenge, ornamentfreie Komposition, die das Absolute des Inhalts anstrebt, ist das Werk der Benediktinerin Deocara Maria Diepold OSB aus der Abtei St. Walburg, Eichstätt. Unter der Leitung der Äbtissin M. Benedicta von Spiegel erreichte die Autodidaktin in den dreißiger und vierziger Jahren den Höhepunkt ihres Schaffens und belebte die traditionsreiche Abtei-Manufaktur nach 400 Jahren. Waltraud Pratter-Rudolph, Studiendirektorin i. R., entdeckte dieses textile Kunstwerk zufällig während eines Besuchs der Stiftskirche in der Passionszeit und führte daraufhin umfassende Recherchen zur Entstehung des Gobelins durch. Das Buch behandelt nicht nur die sachliche Erschließung des Gobelins, sondern umfasst auch handwerkliche, historische und biografische Aspekte. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Ausleuchtung der theologischen Idee und deren künstlerischer Sichtbarmachung.