Über Jahrhunderte, von 1300 bis 1800, war das Historiengemälde die Leitgattung der europäischen Malerei, in der Götter, Helden und Figuren aus verschiedenen Sagen ins Bild geholt wurden. Ivan Nagel analysiert den Aufstieg des neuen Historienbildes von 1300 bis 1500 und widerlegt das Vorurteil, dass Giottos, Masaccios und Leonardos Werke lediglich „erzählende Bilder“ seien. Stattdessen zeigt er, dass sie mit dem Drama in Verbindung stehen, das sie lange vor dem Theater erneuern. Nagel verdeutlicht, wie Giotto und Dante die Kunst als sichtbares Sprechen, „visibile parlare“, als Dialog der Gesten und Mienen entdecken. Giotto spiegelt in seinen Bilddialogen den Lebensweg des Franz von Assisi, von einem aufrührerischen Reformator zu einem kanonisierten Wundertäter und schließlich zu einem modernen Menschen. Eine weitere Untersuchung widmet sich der oft ignorierten Freundschaft zwischen Masaccio und Alberti sowie dem „Filippos Kreis“, einem Bund unverheirateter Männer um Brunelleschi, der in den homoerotischen Sitten von Florenz verortet wird. Diese neue Perspektive ermöglicht eine Renaissance des in Freiheit handelnden Männerkörpers, während die Entrechtung der Frauen als Schandfleck bestehen bleibt. Abschließend deutet Nagel die bedeutenden Bilder der Neuen Historie: Giottos „Navicella“, Masaccios „Zinsgroschen“ und Leonardos „Abendmahl“.
Ivan Nagel Pořadí knih





- 2009
- 2004
In einer Reihe von brillant scharfsinnigen Essays zeigt Ivan Nagel, einer der gewichtigsten Kulturkritiker unserer Zeit, wie die „Falschwörter“ der internationalen und der deutschen Politik uns eine Zukunft von Konflikten, Aggressionen und Kriegen bescheren - und mit welchen fatalen Folgen George W. Bush zuerst die Welt, dann sich selbst belog.
- 2001
Als Ivan Nagel im Herbst 2000 seinen Dank für den Moses-Mendelssohn-Preis aussprach, erregte er die Aufmerksamkeit der Zuhörer im Berliner Konzerthaus. Die Auszeichnung würdigte sein Engagement für Toleranz und Verständigung zwischen Völkern und gesellschaftlichen Gruppen. Nagel sprach von seinen eigenen Erfahrungen als jüdisches Kind im Budapest der dreißiger Jahre, als Emigrant in Zürich und als Staatenloser in Frankfurt am Main, wo er von Ausweisung bedroht und wegen eines Vergehens angeklagt wurde. Diese Erlebnisse von Intoleranz und moralischem Kleinmut sind bis heute relevant: „Was unserem Land und Volk noch immer abgeht, ist diese Art Fantasie – für freiere, abweichende, alternative Möglichkeiten des Denkens, Fühlens, Lebens.“ In diesem Band hat Nagel Reden, Aufrufe und Gutachten gesammelt, die ihn über seine Rollen als Kritiker, Theaterintendant und Hochschullehrer hinaus bekannt machten. Er versteht „Einspruch erheben“ als Bürgerpflicht und nicht nur als Spezialist. Die Anlässe seiner Einsprüche reichen vom Ungarnaufstand 1956 über die Kulturrevolte 1969 bis zu den Herausforderungen nach 1989. Der gemeinsame Impuls ist die Ablehnung des Routinierten und Unfreien, sowohl auf der Bühne als auch im Leben der Bundesrepublik.
- 1989
Kortner, Zadek, Stein
- 80 stránek
- 3 hodiny čtení
- 1985
Im Sommer 1791 wurde das flüchtige Königspaar Frankreichs von seinem Volk verhaftet. Zur selben Zeit war Mozart damit beschäftigt, für seinen Kaiser Leopold II. eine Krönungsoper »La Clemenza di Tito« zu schreiben, die den allen Verschwörern gegenüber gnadenvollen Herrscher preist. Ivan Nagel fragt in seinem konzentrierten Essay, der Musik und Text der letzten sieben Mozartopern miteinander vergleicht, ob die große Gnadenoper, die Opera seria, noch möglich ist, wenn die Welt nicht mehr an die gottgewollte Herrschaft der Herrscher glaubt. Hat Mozart das Thema Gnade, das er als Lohn bürgerlicher Bewährung in seine Singspiele, als beglückende Verzeihung in seinen »Figaro«-Schluss gerettet hat, nur als Untertanenpflicht behandelt? Besteht nicht viel mehr das Wesen der deutschen Klassik Goethes, Mozarts und Beethovens in einer einmaligen Synthese von Autonomie und Gnade? Diese Epoche, so scheint es, ist der Ort, »an dem die Souveränität eines Einzigen abgelöst wird von der Freiheit des Einzelnen. Gnade und Autonomie trennen, bekämpfen und durchdringen sich dort: zwei Zeiten, zwei Staatslehren, zwei Ontologien.« Dieser Versuch einer Typologie der Opern Mozarts ist daher zugleich eine hervorragende Analyse des zu Ende gehenden 18. Jahrhunderts.