Interethnik im Wissenschaftsprozess
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Die Volkskunde in Böhmen gehört zu jenen Disziplinen, die bis vor kurzem im gesamtgesellschaftlichen Rahmen deutlich ideologische Implikationen aufwiesen und auch politische Konsequenzen hatten. Unter den Bedingungen eines sprachlich und national gemischt entwickelten Landes spielten die Volkskundler seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine immer bedeutendere Rolle. Im Vergleich zur Volkskunde in anderen deutschsprachigen Ländern zeichnete sich die deutschböhmische Volkskunde durch einige Besonderheiten aus. Zu den wichtigsten von ihnen gehört die landesspezifische Gestaltung des „Volkstumskampfes“, an dem zahlreiche Vertreter des Faches beiderseits der Sprachgrenze mehr oder weniger teilnahmen. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Wechselbeziehungen zwischen der volkskundlichen Forschung und der Anwendung das auf diese Weise gewonnen Fachwissens zu ideologischen Zwecken. Besondere Aufmerksamkeit kommt hierbei der institutionellen Verankerung von volkskundlicher Forschung und Lehre an der Deutschen Universität in Prag zu. Thematisiert wird auch die Beziehung der deutschböhmischen Volkskunde zu der tschechischsprachigen volkskundlichen Tradition. Die Arbeit will nicht nur die Aufwertung des Faches und dessen Leistung im „nationalen Kampf“ in Böhmen kritisch summieren, sonder auch einen Beitrag zur aktuellen deutsch-tschechischen Diskussion leisten.