Gewißheit versus Hypothese
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Die Arbeit stellt sich zur Aufgabe, die Philosophieauffassung Kants, Newtons und Schopenhauers in ihren Geltungsansprüchen kritisch zu betrachten und in Richtung auf ein hypothetistisches Metaphysik- und Wissenschaftsverständnis hin zu analysieren. Um Kants Wissenschaftsmetaphysik angemessen zu verstehen, ist es unerläßlich, seine werkschichtlichen Rezeptionsspuren zu Newton freizulegen. Kant philosophiert im methodischen Denkstrom der mathematischen Naturphilosophie Newtons. Doch die epochale Sonnenseite der Principia mathematica hat auch eine Schattenseite, und dieser Schatten fällt auch auf Kants Transzendentalphilosophie. Es ist Newtons Hypothesophobie, sein hypothesenfeindliches Wissenschaftsverständnis, zu dem sich auch Kant bekennt. Diese Hypothesenfeindlichkeit steht in einem eigentümlichen Gegensatz zu dem transzendentalhypothetischen Charakter von Kants Philosophie. Kant stellt seine streng wissenschaftliche Metaphysikgrundlegung zunächst als Hypothese dar. Dieses Hypothesenzugeständnis bleibt aber nicht die letztgültige Programmerklärung der Metaphysik. Vor dem Gerichtshof der reinen Vernunft nämlich hat Kant in puncto Gewißheit oder Hypothese sich selbst das Urteil gesprochen: Der hypothetische Anfangscharakter wird suspendiert, da alles, was bei der Grundlegung der Metaphysik als strenge Wissenschaft einer Hypothese nur ähnlich sieht, „verbotene Ware sei,“ die um jeden Preis zu beschlagnahmen sei. Schopenhauers Antwort auf Kants Vernunftmetaphysik dagegen ist die Formulierung einer hypothetischen Metaphysik auf empirischer Grundlage, die auf Apriorität und Apodiktizität ihrer Kernaussagen verzichtet. Im Gegensatz zu Kant wird bei Schopenhauer nicht Logik und Experimentalphysik, sondern Physiologie und Anthropologie zur Grundlage der Erkenntniskritik.