Die Partei der Unparteiischen
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Es gilt als selbstverständlich, daß preußische Richter immer staatstreu und konservativ waren. Nach Christina von Hodenbergs Untersuchung ist sicher, daß das so nicht stimmt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war ein Großteil der preußischen Richter Parteigänger des frühen Liberalismus. Manche bekannten sich sogar zum demokratischen Linksliberalismus und nahmen dafür auch politische Verfolgung auf sich. Das Buch ist eine sozialgeschichtlich orientierte Kollektivbiographie der preußischen Richterschaft. Dargestellt werden ihre soziale Zusammensetzung und berufliche Prägung, die Auswirkungen bestimmter Gesetze und rechtswissenschaftlicher Theorien auf die Urteilspraxis, die Verschränkung rechtlicher Argumentationen mit politischen Grundhaltungen, schließlich die politische Rolle der Richter. Besonders eindringlich wird die Rechtsprechung analysiert – sie war von antiadeligem Ressentiment, bürgerlichen Moralvorstellungen und natürlich männlichen Ehrbegriffen getragen. Nicht weniger interessiert die »Innenwelt« der Justizbehörden. Hier wirkten Aufstiegswille und obrigkeitliche Gesinnungskontrolle, traditionelles Berufsethos und die juristische Fachsprache auf Anpassung hin. Soziokulturell gehörten die Richter zum Bildungsbürgertum. Bürgerlicher Lebensstil, gesellige Bildung und Beamtenstatus prägten ihr Leben ebenso wie ihre Rechtsprechung und ihr politisches Engagement. Die Kultur der Bürgerlichkeit und die Oppositionsbewegung des Frühliberalismus gingen eine bemerkenswerte Verbindung ein. Fragestellungen und Ergebnisse der Untersuchung betreffen die Rechtsgeschichte, die Kulturgeschichte und in der Sozialgeschichte besonders die Bürgertumsforschung. Die Bedeutung der Richterschaft auch für die politische Geschichte Preußens bis 1848/49 wird hier erstmals sichtbar gemacht.