Der gütige Staat
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Nach dem Verlust früherer Werte ist heute unser großes Problem der Verlust der Güte, der Menschlichkeit. Im Verhältnis zwischen den Menschen breiten sich Kälte aus und Egoismus. Ihr Staat, die Demokratie, sollte ein menschliches Angesicht tragen, durchwirkt von der Solidarität ihrer Bürger - doch auch sie erstarrt in Bürokratien, Normen, Formalismen. Staatsethik ist nicht zuletzt deshalb wieder ein Thema. Zu fragen ist daher: Gibt es eine Staatsgrundnorm der Staatsgüte, welche den kalten Gesetzesstaat wandeln könnte zur warmherzigen Bürgergemeinschaft? Läßt sich dies aus der Verfassung ableiten oder aus vielen rechtlichen Gestaltungen gewinnen, von einem menschlichen Strafrecht über Sozialleistungen bis zu einem »Wohlwollen der Verwaltung«? Im ersten Teil der Untersuchung werden derartige positiv-rechtliche Entwicklungslinien nachgezeichnet, welche zu einem »gütigen Staat« führen könnten. Doch im zweiten erheben sich Bedenken, verdichten sich zu einer Gegenthese: Einen solchen gütigen Staat kann es nicht geben, in einer Ordnung der Gleichheit, der Freiheit, der streng normativen Rechtsstaatlichkeit. Eine Gefahr aber wird auch sichtbar: daß sich der Staat in solche Güte flüchtet, um unter ihrem Mantel erst recht Macht auszuüben, über Geförderte und Hilfeempfänger - mit der Macht der Geschenke, mehr noch vielleicht, als er es mit Hoheitsgewalt vermag, vor allem aber unbemerkt. Aus dem Vorwort