Wunder
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Nachwort des Herausgebers: Hemingway-Lyrik, dachte ich beim ersten Anhau, las (warum eigentlich?) dennoch weiter und diagnostizierte: Brinkmann-Thenior-Theobaldy-Klasse. Dann kam mir Clemens Brentano in den Sinn, dann Bukowski, dann der schnoddrige frühe Benn, der zornige Baudelaire, dann aus den anderen Abteilungen Edward Hopper, Gerhard Richter, die Kollwitz und Arvo Pärt – und das alles bereits, nachdem ich nicht mehr als zehn, zwölf Gedichte im Manuskript von Thomas Frahm durchgelesen hatte. Mittlerweile weiß ich natürlich: Da hat einer mit mir eines dieser ernsten Spiele gespielt, die große Kunst auszeichnen. Bei der Lektüre erkennt man rasch: Hier spricht kein Epigone von was auch immer, hier spricht eine autonome, unverwechselbare Stimme, arbeitet mit Formen und Farben und Licht auf eine Weise, die die Postmoderne nicht nur weit hinter sich lässt, sondern ihr, mir, all jenen, die auf diese Mode hereinfielen und -fallen, das Urteil spricht. Es ist vernichtend. Denn postmoderne Beliebigkeit, das scheinbar souveräne, in Wahrheit aber puberil-hilflose Spiel mit Stil-, Form-, Klangzitaten, ist dieses Dichters Sache nicht. Thomas Frahms Werk bringt mir vielmehr in Erinnerung, was über einen anderen Großen der deutschsprachigen Lyrik geäußert wurde. Joseph von Eichendorff schreibt da, die Günderode habe über ihren Freund Brentano gesagt: „Es kömmt mir oft vor, als hätte er viele Seelen; wenn ich nun anfange, einer dieser Seelen gut zu sein, da geht sie fort und eine andre tritt an ihre Stelle, die ich nicht kenne, und die ich überrascht anstarre, und die, statt jener befreundeten, mich nicht zum besten behandelt.“ Die vielen Seelen des Thomas Frahm bewirken nun mitnichten ein guazzabuglio unterschiedlicher Sicht- und Stilweisen; sie ringen miteinander, kämpfen die Sache aus, manchmal bis aufs Blut. Aber immer geht aus diesen Kämpfen etwas als Sieger hervor, das daran gar nicht beteiligt schien: Kunst.