Junge Mütter auf dem Land - Frauenleben im Umbruch
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In ländlichen Regionen hat ein tiefgreifender sozialer Wandel stattgefunden, der sich vor allem festmachen lässt an Veränderungen des Arbeitsmarktes sowie an räumlichen, infra- und sozialstrukturellen Verschiebungen. Gleichzeitig geht diese Entwicklung einher mit Individualisierungsprozessen, die oftmals wenig sichtbare, aber dennoch weitreichende Konsequenzen für die auf dem Lande lebenden Menschen haben. In der wissenschaftlichen Diskussion dieser Wandlungsprozesse bleibt die Betrachtung der besonderen Lebenslage von Frauen noch weitgehend unberücksichtigt. Wenn überhaupt, so wird überwiegend die Lebenssituation von Bäuerinnen thematisiert. Die Konsequenzen einer tendenziell auf diese Gruppe begrenzten Sichtweise sind doppelt problematisch: Zum einen geraten die übrigen auf dem Land lebenden Frauen – wie etwa Frauen aus alteingesessenen, nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerungsgruppen, zugezogene Frauen etc. – aus dem Blickfeld des Interesses – so, als bestünden bei ihnen eigentlich keine Unterschiede zu den Frauen in der Stadt. Zum anderen suggeriert die gesonderte Betrachtung der Bäuerinnen als einer Gruppe, die in spezifischer Weise mit dörflich-ländlichen Traditionen verbunden ist, oftmals eine – im Vergleich zur Stadt – größere Traditionsorientierung und Rückständigkeit. Demgegenüber richtet sich in diesem Buch der Blick auf Frauen, die auf dem Land leben und deren Gemeinsamkeit sich zunächst einmal nur in Hinsicht auf ihre Lebenssituation als junge Mütter ergibt. Das Leben mit einem Kleinkind ist in vieler Hinsicht ein Umbruch: Es gilt eine Entscheidung zu treffen über das familiale Arrangement bzgl. Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung wie auch über die Organisation der privaten Alltagsarbeit. Darüber hinaus stellt sich die Frage der „richtigen“ Kindererziehung wie auch das Problem, soziale Kontakte trotz nunmehr eingeschränkter Möglichkeiten angesichts einer stärkeren Anbindung an das Haus aufrechtzuerhalten bzw. neu aufzubauen. Es gibt bereits Untersuchungen darüber, wie sich diese Situation für junge Mütter unter städtischen Bedingungen darstellt. Ob und inwiefern die Tatsache, auf dem Land zu leben, Einfluss auf die Entscheidungs- und Verhaltensmöglichkeiten der Betroffenen nimmt, ist bislang völlig ungeklärt. Das Buch setzt sich mit dieser Problematik auseinander, indem nach den eigenen Einschätzungen, subjektiven Interpretationen und Lebensperspektiven junger Frauen auf dem Land gefragt wird. „Landespezifisches“ taucht unter diesem Blickwinkel dann auf, wenn es für die Frauen selbst relevant wird. Dabei zeigt sich z. B., dass die jungen Frauen – die Familienfrauen, die erwerbstätigen Mütter ebenso wie die Bäuerinnen – in Bezug auf Alltag, Kindererziehung, Partnerschaft, Beruf und Zukunft Ansichten formulieren, die von den Lebensentwürfen, die traditionell auf dem Land gültig waren, merklich abweichen. Fast schon leitmotivisch zieht sich durch ihre Schilderungen der Anspruch auf Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung, der dem Konzept der „modernen Frau“ genuin anhaftet.